Reform des Wahlrechts: Union und FDP im Alleingang
Die Regierungsparteien haben sich auf einen Entwurf für die Wahlrechtsreform geeinigt. Nächste Woche soll im Bundestag abgestimmt werden. Aber die Opposition läuft Sturm.
BERLIN dpa/dapd | Union und FDP wollen im Alleingang die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung des Wahlrechts durchsetzen. Ihre Vertreter kündigten am Mittwoch in Berlin an, in der kommenden Woche ein entsprechendes Gesetz im Bundestag zu beschließen. SPD und Grüne kündigten eine Verfassungsklage gegen das schwarz-gelbe Konzept an.
Unionsfraktions-Vize Günter Krings sagte nach einer Sitzung des Innenausschusses, man habe sich mit der FDP auf eine Regelung verständigt, die die Vorgaben des Verfassungsgerichts umsetze. Damit gebe es bald wieder ein "gültiges und verfassungskonformes Wahlrecht". Der jetzt beschlossene Entwurf schließe das negative Stimmgewicht aus, betonte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion. "Die Ursache für dieses, ist die bisherige Möglichkeit, Landeslisten zu verbinden. Unsere Lösung besteht darin, diese Verbindungsmöglichkeit abzuschaffen", sagte er. Damit könnten die in einem Bundesland errungenen Zweitstimmen einer Partei nicht mehr mit den in einem anderen Land erzielten Zweitstimmen verrechnet werden.
Die Karlsruher Richter hatten im Juli 2008 das sogenannte negative Stimmengewicht, das aus der Verbindung von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht rührt, für verfassungswidrig erklärt. Künftig müsse verhindert werden, dass eine Partei bei Bundestagswahlen unter Umständen mehr Mandate dadurch erhält, dass sie in bestimmten Ländern weniger Zweitstimmen bekommt. Das Gericht hatte für die Änderung eine Frist bis 30. Juni gesetzt - wegen Differenzen in der Koalition wurde diese aber nicht eingehalten.
Mangelnde Fairness?
Die Grundstruktur des bewährten Wahlrechts werde damit nicht angetastet, betonte Krings. Wie der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert, darlegte, sei dadurch tendenziell auch eine Reduzierung von Überhangmandaten möglich. Dazu würde eine sogenannte Reststimmenverwertung geschaffen, um "mangelnde Fairness" auszugleichen.
Ist die Zahl der Zweitstimmen einer Partei, die in den 16 Ländern nicht zu einem Sitz geführt haben, größer als die im Bundesdurchschnitt für ein Mandat erforderliche Stimmenzahl, sollen dem Entwurf zufolge zum Ausgleich weitere Mandate vergeben werden. "Solange eine Partei Überhangmandate hat, werden ihr diese Extrazusatzmandate nicht zugesprochen", sagte Ruppert.
SPD und Grüne nannten das Konzept nicht nachvollziehbar und willkürlich. "Das Versprechen, gleiches Stimmengewicht für alle, wird nicht eingehalten", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. Die Koalition erhalte "sich den machtpolitischen Sondervorteil der Überhangmandate". Deshalb werde man vor das Verfassungsgericht ziehen. "Wie sehen uns in Karlsruhe wieder", kündigte der Innenexperte der Grünen, Wolfgang Wieland, an.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli 2008 die bisherige Regelung für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber auferlegt, das sogenannte "negative Stimmgewicht" zu beseitigen. Ein solches liegt vor, wenn mehr Zweitstimmen für eine Partei zu weniger Mandaten derselben Partei führen oder umgekehrt weniger Zweitstimmen einer Partei bundesweit mehr Mandate einbringen.
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