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Rede NetanjahusLob von Rechts und von Obama

Israels Regierungschef will einen Palästinenserstaat akzeptieren. Über Militär soll dieser nicht verfügen dürfen. Und die jüdischen Siedlungen sollen bestehen bleiben.

Benjamin Netanjahu erklärt sich bereit einen Palästinenserstaat zu akzeptieren. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat seine unmögliche Mission mit Glanz erfüllt. Das Weiße Haus pries die mit Spannung erwarteten Grundsatzrede am Sonntagabend in der Tel Aviver Bar-Ilan-Universität als "wichtigen Schritt", und auch die "Hardliner" in seiner Rechtskoalition lobten die Ansprache, von kleinen Abstrichen abgesehen. Netanjahu erklärte sich grundsätzlich bereit, einen Palästinenserstaat zu akzeptieren, allerdings stellte er eine Reihe von Bedingungen, um ein weiteres "Hamastan" und eine "Basis für den Terror" an der Seite Israels zu verhindern.

"Ich unterstütze die Anstrengungen von US-Präsident Barack Obama, einen regionalen Frieden im Nahen Osten zu schaffen", versuchte Netanjahu die Spannungen zu entschärfen, die zwischen Jerusalem und Washington in den letzten Wochen aufkamen. "Ich wende mich an die arabischen Führer in der Region", sagte er, "und bin bereit, jeden von euch zu treffen, in Damaskus, Riad und in Beirut." Niemand in Israel wolle Krieg.

Es werde "keine neuen Siedlungen" geben, versprach Netanjahu, und keine Ausweitung der bereits bestehenden Siedlungen, dennoch müsse "ein normales Leben" der Siedler möglich sein. Damit hält sich Netanjahu den Neubau von Häusern in den von Israel festgelegten Siedlungsgrenzen offen, obschon die USA die Jerusalemer Formel "natürliches Wachstum" strikt ablehnen.

Um dem Konflikt ein Ende zu bereiten, müsse man nach den Wurzeln fragen, sagte Netanjahu und benannte sie selbst: "die "arabische Verweigerung, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen". Wer glaube, dass "unsere Anwesenheit" im Westjordanland Grund für den Mangel an Frieden sei, "verwechselt Ursache und Symptom". Netanjahus Forderung einer Anerkennung Israels als jüdischen Staat ist nicht neu. Schon im Frühjahr hatte er eine Fortsetzung der Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung an diese Bedingung geknüpft und war damit bei den Palästinensern auf strikte Ablehnung gestoßen.

Die Israelis sollten sich nennen, wie sie wollen, reagierte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas keck. "Ich bin für die Definition des Staates Israel nicht zuständig." Die Rede des israelischen Premierministers stieß auf wenig Sympathie bei den Palästinensern. "Netanjahus Anmerkungen haben jede Initiative sabotiert", kommentierte Nabil Abu Rdeinah, der Sprecher von Abbas. Netanjahu hatte Jerusalem als "unteilbare Stadt" bezeichnet und eine Rückführung der palästinensischen Flüchtlinge nach Israel als "Gefahr für den jüdischen Staat". Unmut lösten auch seine Vorbedingungen für einen Palästinenserstaat aus, darunter eine Demilitarisierung und internationale Garantien dafür, dass die Palästinenser "keine Armee und keine Kontrolle über den Luftraum" haben werden.

Nach Ansicht von Saeb Erikat, PLO-Verhandlungschef bei den Friedensgesprächen, seien damit fast alle Endstatusfragen vom Tisch. "Netanjahu spricht von Verhandlungen, aber er lässt uns mit nichts zurück, was noch verhandelbar wäre."

Der Minister ohne Aufgabenbereich, Benni Begin, Sohn des legendären Expremierministers Menachem Begin, lobte die "wichtigen Bemerkungen" seines Parteichefs. Begin war 1995 aus der damaligen Regierung Netanjahus ausgetreten und protestierte so gegen ein Abkommen mit der PLO, das den Abzug aus Teilen im Westjordanland festlegte. Diesmal will er trotz Netanjahus Bereitschaftserklärung zur Zwei-Staaten-Lösung, die Begin strikt ablehnt, in der Regierung bleiben.

Auch Informationsminister Juli Edelstein, der selbst in einer Siedlung lebt, zeigte sich "verständnisvoll" für Netanjahu, der "unter großem Druck steht".

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12 Kommentare

 / 
  • A
    aso

    @ Hanna:

    Bisher wurde das vierfache des Marshall-Plans in Gaza verpulvert. Ist natürlich klar, daß nicht eigene Unfähigkeit der Palis, sondern die Israelis Schuld sind, daß die Milliarden in den Sand gesetzt wurden.

    Sicher war es ein Fehler die Hamas zu fördern, sowie es ein Fehler der USA war, die Taliban zu fördern. Beides wurden fatale Selbstläufer. Erinnert an die Story des Zauberlehrlings. Ist nun dumm gelaufen. Fakt ist eben, daß, solang es die Charta gibt, wenig Sinn für Israel macht, mit irgendwem über egal was zu verhandeln, da dies für Hamas nichtig ist.

    Und aus welchem Grund sollte die EU nun ständig den Aufbau der umstrittenen Gebiete finanzieren?

    Die Gelder sollten von den reichen arabischen (Öl)-Staaten kommen, die dann vielleicht mit ihrer Israel-Hetze vorsichtiger wären, da sie nicht wie die EU-Deppen ständig neue Gelder in das Faß ohne Boden stecken wollen.

  • C
    Carlos

    ASO schreibt:

    "Eben, steht ja auch in deren Charta, daß Verhandlungen reine Zeitverschwendung seien.

    D.h., egal mit wem Israel sonst noch verhandelt, Hamas geht es um eine „Endlösung“ für das „zionistische Gebilde“.

    Denn Fatah betrachtet Hamas als Kollabourateure, deshalb kann man davon ausgehen, daß Verträge zwischen Israel und Fatah aus Hamas-Sicht nichtig sind....."

     

    Wie kann man ein Unrecht durch ein anderes legitimieren!

     

    Weil es die Hamas gibt, muss die israelische Politik keine Rücksicht nehmen auf die legitimen Interessen des palästinensischen Volkes???

     

    Es ist ja wohl doch so, dass denjenigen, die immer noch dem (Alp)Traum eines Groß-Israel träumen, die Fanatiker der Hamas ja gerade gelegen kommen, um rücksichtslos ihre Interessen durchzuboxen.

    Da wird dann auch nicht mehr unterschieden zwischen der großen Masse der Palästinenser, die endlich ein normales Leben führen wollen und denjenigen, die ebenso fanatisch radikal sind, wie die Siedler auf Israelischer Seite.

  • H
    Hanna

    @aso

    gääähhhn! Die EU finanziert mit den USA Israel und die Palästinenser, aber eigentlich sollte das dem Aufbau Palästinas dienen, aber von Palästina ist wenig übrig geblieben. Und das liegt an Israel, an den Siedlern, am Zaun und am Unwillen Israel sich der nah-östlichen Realität zu stellen.

    Hamas-Leute wurden sehr gut in den israelischen Gefängnissen behandelt, man lies die immer schnell raus und war überhaupt sehr interessiert an Islamisten ... Hamas verdankt Shin Beit und Mossad seine Erfolge. Spalte = Mehr Macht, nur das ist schief gegangen, die machen mit ihren Selbstmordattentätertn mehr kaputt und verbreiten mehr Schrecken als die Geheimdienststrategen erwartet haben. Vielleicht bedanken sich die Israelis bei ihren fehlgeleiteten Sicherheitsdiensten für diese Monstren.

  • A
    aso

    @ Hanna:

    „...Die Hamas verhandelt doch gar nicht mit Israel...“

     

    Eben, steht ja auch in deren Charta, daß Verhandlungen reine Zeitverschwendung seien.

    D.h., egal mit wem Israel sonst noch verhandelt, Hamas geht es um eine „Endlösung“ für das „zionistische Gebilde“.

    Denn Fatah betrachtet Hamas als Kollabourateure, deshalb kann man davon ausgehen, daß Verträge zwischen Israel und Fatah aus Hamas-Sicht nichtig sind.

    Raketen kommen trotz „Waffenruhe“ weiter aus Gaza. Das entscheidende Problem sind nicht die Siedler, sondern Hamas. Denn egal was mit wem ausgehandelt wird, solange die Charta so existiert ist an Frieden nicht zu denken.

    Vergessen Sie auch nicht den demographischen Faktor: in Europa rechnet man in 30-50 Jahren mit muslimischen Mehrheiten. Dies dürfte in Israel angesichts der höheren Geburtenrate der bereits 20% arabischen Bevölkerung noch flotter gehen. Insofern könnte man die Siedlungsprojekte hier im weiteren Sinne als Gegenmaßnahme einordnen.

    „...Hilfsgelder der EU müssen natürlich locker gemacht werden...“

    Und warum kommen die Gelder nicht von den reichen arabischen Bruderstaaten?

  • C
    Carlos

    Obama ist (zumindest derzeit) bei den US-Bürgern sehr beliebt, und so wird die Lobby der Rechten (aus Israel und den USA) im Moment nicht viel gegen seinen Kurs der Verständigung ausrichten können. Und gerade dadurch hat Obama wohl auch den größten Spielraum, den bislang (in den letzten 50 jahren) ein US-Präsident inne hatte.

    Ich glaube, darin liegt der eigentliche Unterschied zu früheren Initiativen amerikanischer Administrationen.

    Es bleibt weiter zu hoffen, dass die Regierung Netanjahu unter dem zunehmenden außenpolitischen Druck aus Amerika auseinanderfällt und eine gemäßigte Regierung in Israel an die Macht kommt.

  • H
    Hanna

    Die Hamas verhandelt doch gar nicht mit Israel, sondern momentan gibt es noch eine Palästinenserführung, die überhaupt ein Mandat zur Verhandlung hat. Ob das so bleibt?

    Ich denke, dass die Hamas von Netanyahu und den rechten Politikern Israels am allerbesten gepeppelt wird. Und die Hamas schießt auch auf die Fatah und bedroht gemäßigte Palästinenser.

    Dieses Problem teil die normale Bevölkerung mit den Israelis, aber im Gegensatz zum Likud brauchen die Normalos in der Westbank keinen Buhmann, sondern die sind wirklich und jederzeit genervt von denen.

    Aber das entscheidende Problem sind und bleiben die Siedlungen und die Siedler. Hier muss was passieren - darauf hatte sich Obama ja schon festgelegt. Stellt sich die Frage, wie es jetzt mit den USA weitergeht?

    War das alles nur Ankündigung - heiße Luft - oder macht Obama jetzt Druck? Ich erinnere mich noch an James Baker und die Siedlungen - da kam nichts bei raus, obwohl Baker mehrfach Druck ausübte.

    Israel verfolgt eine Strategie mit den Siedlungen und der Mauer wird Palästina invalide, bevor überhaupt ein Staat vorhanden ist. Dass die Siedlungen wie eine Zündschnur zum großen Knall sind, ist wohl die Absicht, um Israel als Opfer und bedrohtes westliches Land im Meer von barbarischen Muslimen und Arabern dazustellen.

    Seit Rabin/Arafat fällt alles flach, was Israel betrifft. Aber Hilfsgelder der EU müssen natürlich locker gemacht werden, im Grunde genommen subventioniert Brüssel die schlimme Politik Israels.

    Ich hoffe, dass Obama nicht so ein Schachmat ist, zu seinen eigenen Aussagen steht. Die Siedler sind der Kern des Problems, aber sie scheinen auch der Kern eine Kaputt-Mach-Strategie der Israelis zu sein. Wie ernst ist das Interesse an Frieden und ernst ist das Interesse an Hegemonie und Stärke? Palästina wird jedes Jahr schwächer und kaputter - das ist doch kein Zufall?

  • C
    Carlos

    "aso:

    Selbst wenn mit gemäßigten Palis eine Zweistaatenlösung möglich wäre: glauben Sie denn, Hamas würde dann seiner Charta abschwören,, und von der Vernichtung Israels und aller Juden weltweit Abstand nehmen?"

     

    GENAU DAS IST DAS PROBLEM: Die Radikalen unter den Palästinensern ermöglichen es den Konservativ-Reaktionären unter den politischen Kräften in Israel, der Gesamtheit des palästinensischen Volkes einen eigenen Staat (und damit zwangsläufig verbunden, die Aufgabe von Land und Wasserquellen)

    vorzuenthalten, bis es gar kein zusammenhängend freies Land mehr für einen Palästinenserstaat geben mag.

     

    Bleibt nur zu hoffen: dass Netanjahus Koalition zerbricht, in Neuwahlen Livni gewinnt und Abbas die Radikalen unter Kontrolle halten kann.

  • A
    aso

    @ Florentine:

    Selbst wenn mit gemäßigten Palis eine Zweistaatenlösung möglich wäre: glauben Sie denn, Hamas würde dann seiner Charta abschwören,, und von der Vernichtung Israels und aller Juden weltweit Abstand nehmen?

  • F
    Florentine

    Über was soll eigentlich 'verhandelt' werden? Da ist nichts mehr zu verhandeln, alles soll so bleiben, wie es ist,möchte Israel. Nur eben durch die Palästinenser legitimiert.

    Und das ist der glorreiche Durchbruch, über den Merkel und Obama strahlen?

    Die Araber können sich in keinster Weise darauf einlassen.

    Und im übrigen, Frau Knaul, falls es Sie interessiert: Israels Besatzungspolitik, die Siedlungs- und Annektionspolitik, sind völkerrechtswidrig.

    Sollen die Palästinenser über ihr zukünftiges 'völkerrechtswidriges Reservat' verhandeln, und so im Nachhinein Israels brutales Verhalten legitimieren?

    Für ein Palästina (und ein Israel!) in den Grenzen von 1967. Israel gefälligst raus aus Palästina.

  • D
    Dimitri

    So kann man das auch darstellen, auch wenn die Rachten Netaniahu gerade als rückgratlosen Verräter werteufeln.. ;)

  • O
    Oliver

    Wenn Obama diese Rede lobt, hat er selber wohl nur die halbe Wahrheit in Kairo gesagt – oder nicht richtig zugehört, nachvollziehen kann ich seinen Lob jedenfalls nicht. Netanyahu hat keinen einzigen wichtigen Schritt in seiner Rede benannt, der zu einem konkreten Friedensprozess führen könnte, weder will er den Golan oder Bir Shaiba zurückgeben, noch will er den Palästinensern einen wirklichen Staat zusprechen. Er will denen so etwas wie ein Reservat anbieten. Und das ist alleine schon ein Skandal.

     

    Vielleicht sollte Barak Obama mal seine eigene Rede nachlesen - ein Neuanfang mit der islamischen Welt geht mit Sicherheit anders.

    Und ein Neuanfang mit den Palästinensern geht auch anders. Israel lebt wie in ein Kokon zurück gezogen und geht davon aus, dass es sich überhaupt nicht bewegen muss.

     

    Und das merken nicht nur die Palästinenser in der West Bank, sondern auch die verbliebenen Eingeborenen in Israel, denn die Araber dort leben nicht mit gleichen Rechten und den gleichen Chancen wie Durchschnittsisraelis, sondern sie leben weitaus schlechter und bis auf den heutigen Tag wird ihnen Land und Haus streitig gemacht.

    Darüber wurde noch nicht mal gesprochen, aber das sollte vielleicht jetzt mal getan werden.

     

    Israel kann nicht erwarten, dass die Welt in Solidarität verbleibt, wenn Israel jede Menschlichkeit gegenüber den Palästinensern vermissen lässt.

    Unsere Regierung liefert Israel nicht nur Waffen, sondern zahlt auch noch ein.

    Und damit bauen sie dann ihre Siedlungen, rüsten die Siedler mit Schulen und Kindergärten aus, bewaffnen immer mehr Menschen und schießen mit Raketen Kraftwerke im Libanon kaputt. Anschließend erklärt Israel, es hätte sich verteidigen müssen.

     

    In Wirklichkeit hat Israel schon versucht einen christlich-rechten Pufferstaat im Libanon zu errichten, hat versucht, möglichst viel Land vom Libanon zu halten. Israel besiedelt auch den Golan, obwohl dieses Land zu Syrien gehört. Diese Missachtung jeglichen Rechts schreit nach einer Reaktion - offenbar aber nicht von der EU und den USA. In Wirklichkeit holen Obama jetzt die Milliarden der liberalen Juden an der Ost-Küste und Florida wieder ein.

    Meiner Meinung nach hat Obama mit seinen Versprechungen alles noch viel schlimmer und gefährlicher gemacht. Aber jetzt ist auch Mut gefragt, die Europäer sollten ihre Israel-Hilfe mal überdenken. Und bessere Werbung kann Hamas wirklich nicht bekommen – noch nie hat ein Schritt auf den Islam und die Araber zu, so sehr das Gegenteil bewirkt, wie die Versprechungen Obamas. Er muss sich über feuerfreudige Taliban und Bomben in Bagdad wirklich nicht wundern. Mal sehen, wann es wieder in den USA knallt.

  • F
    Florentine

    Netanjahu hat die Palästinenser mit NICHTS zurückgelassen. Kein Ende der Besatzung Palästinas, die Siedlungen bleiben und dürfen 'natürlich' wachsen? Und den Palästinensern bleibt dann ein Fleckenteppich namens Palästinastan. Ein Reservat quasi unter israelischer Aufsicht.

     

    Worüber freut sich Obama so? Ist die Israellobby tätig geworden und hat ihm seine Grenzen aufgezeigt?

    Wieso dürfen die Israelis offenkundig tun was sie wollen