Recycling: Pfand für Getränkekartons gefordert
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert eine Werbekampagne von Tetra Pak als Verbrauchertäuschung. Nur ein Drittel der verkauften Verpackungen werde recycelt.
BERLIN taz | Getränkekartons sind nicht nur quadratisch und praktisch, sondern auch besonders umweltverträglich. Eine Werbeweisheit, die Hersteller von Getränkekartons ihren Kunden gerne ins Gedächtnis rufen. Zurzeit wirbt die Firma Tetra Pak mit der Botschaft "Du hast es in der Hand" dafür, dass ihre Milch- und Saftkartons zu "100 Prozent recycelbar" seien.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert Formulierungen wie diese als "Verbrauchertäuschung" und "Greenwashing" und hat das Unternehmen deshalb vor dem Landgericht Wiesbaden verklagt. Damit will die Umwelthilfe erreichen, dass Tetra Pak seine Werbekampagne nicht wiederholt.
Grund: "Tetra Pak betreibt dreiste Verbrauchertäuschung und suggeriert in seiner Werbekampagne, dass seine Verpackungen komplett recycelt werden", sagte der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch, am Montag in Berlin.
Dies sei nach seinen Recherchen aber nicht der Fall. Gestützt auf Branchenzahlen und Daten des Umweltbundesamtes hat die Umwelthilfe errechnet, dass nur rund ein Drittel der Grundstoffe der in Deutschland verkauften Kartons stofflich wiederverwertet würden.
Nach Angaben der Umweltschützer landet jeder vierte Getränkekarton nicht im gelben Sack, sondern im Restmüll - und wird verbrannt. Von den Kartons, die es in die Wiederverwertung schaffen, wird hauptsächlich der Zellstoff wiederverwendet. Plastik und Aluminium machen bis zu ein Drittel des Gesamtgewichts aus.
"Ökologisch vorteilhaft"?
Das Plastik wird meist verbrannt, das Aluminium in der Zementindustrie als Bauxitersatz verwendet. In den letzten Jahren hat sich der Plastikanteil bei den Verpackungen kontinuierlich erhöht. So sind wiederverschließbare Deckel aus Plastik mittlerweile Standard. "Insgesamt werden nur etwa ein Drittel der 214.000 Tonnen pro Jahr in Deutschland verkauften Getränkekartons recycelt", sagt Maria Elander, Expertin der Umwelthilfe für Kreislaufwirtschaft.
Tetra Pak weist die Vorwürfe des Umweltverbands zurück. "Wir sagen nichts Falsches und täuschen die Verbraucher nicht", sagt Sprecherin Heike Schiffler. Sie wirft der Umwelthilfe stattdessen vor, bei ihren Berechnungen die Datengrundlage nicht klar gemacht zu haben. Es sei zudem die Entscheidung der Verbraucher, alte Getränkekartons in die gelbe Tonne zu geben oder in den Müll zu werfen.
Den steigenden Plastikanteil in den Getränkekartons begründet sie mit dem Wunsch der Kunden nach wiederverschließbaren Kartons: "Um die Plastikverschlüsse kommen wir nicht herum", sagt Schiffler.
Die Umweltschützer fordern hingegen das Bundesumweltministerium auf, Getränkekartons ökologisch neu zu bewerten. Bislang gelten sie als "ökologisch vorteilhaft". Zu Unrecht, findet Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch, Verbundverpackungen seien nicht das Nonplusultra.
Resch setzt stattdessen auf höhere Recyclingquoten und umweltfreundliche Mehrwegsysteme - und kann sich ein Pfand auch auf die Saft- und Milchkartons vorstellen: "Es ist nicht gerechtfertigt, dass Kartons vom Pfand befreit sind."
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