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Archiv-Artikel

Recycling-Träume in Mülheim

Kölner Selbsthilfegruppen wollen auf dem alten Güterbahnhof leben und arbeiten. Noch haben die Politiker ihr Versprechen nicht eingelöst, das Gelände zur Verfügung zu stellen

KÖLN taz ■ Seit Jahren liegt das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Mülheim brach. Und ebenso lange träumen Selbsthilfegruppen und Bürgerdienste davon, dort ihre Vorstellungen von einem alternativen Leben zu verwirklichen. Wohnen und arbeiten wieder zusammenzubringen – das ist der Kern ihrer Vorstellungen. Am Mittwoch Abend diskutierten sie die Pläne bei einem Treffen im Mülheimer Institut für Neue Arbeit.

„Mülheim hat überdurchschnittlich viele Arbeitslose, für die müssen Arbeitsplätze her“, sagte Rainer Kippe von der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM). „Dafür bräuchten wir nur eine Halle oder ein Grundstück. Und das sollte auch im Interesse der Stadt liegen“, ergänzte Gisela Emons von der Initiative für Neue Arbeit (INA). Der ehemalige Stadtentwicklungsdezernent Klaus-Otto Fruhner hatte den Initiativen bereits im letzten Jahr ein Grundstück versprochen. „Nach den Haushaltssperren passiert da allerdings nichts mehr“, so Emons. Offenbar fehle es am politischen Willen. „Die Stadt könnte das Grundstück des Güterbahnhofs von der Deutschen Bahn kaufen und die Gelder dann vom Land zurückbekommen.“

Das 16 Hektar große Industrieareal an der Markgrafenstraße steht zu einem Großteil leer. Ideen für ihre Nutzung gibt es viele. Die Selbsthilfegruppen denken an einen Baurecyclinghof und Raum für Menschen, die ihre Häuser selber bauen und dort auch arbeiten. „Wir möchten Wohnen und Arbeiten wieder zusammenbringen und eine neue Form von Wirtschaft entwickeln“, sagte Rainer Kippe. Er weiß, dass türkische Unternehmer aus der nahen Keupstraße ihre Geschäfte dort gerne ausweiten würden.

Auch größere Projekte sind angedacht. Die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbs wurden allerdings größtenteils verworfen, erklärte Michael Birkenbeul von der Mülheimer Stadtteilgenossenschaft „Für solidarisches Wirtschaften, Wohnen, Arbeiten und Leben“ (WiWAt), zu der sich die Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen haben.

Um den Druck auf die Politiker zu erhöhen, den Bürgern das Gelände zu überlassen und sie auch finanziell zu unterstützen, sind für die kommenden Monate Informationsveranstaltungen geplant. „Im Kommunalwahljahr müssen wir die Politiker daran erinnern, dass sie den Mülheimern seit Jahren die Nutzung der Brache versprochen haben“, sagte Kippe.

Er und seine Mitstreiter planen eine Open-Air-Veranstaltung mit einem Konzert und verschiedenen Künstlern, die die Brache gestalten. „Wir möchten auf die Brache gehen, um dort den Raum zu erleben. Dann bleibt das Planen nicht so abstrakt.“ Dazu werden jetzt Prominente und Sponsoren angesprochen, die die Veranstaltung mittragen sollen. Miriam Vogel