KOMMENTAR: Rechtsstaat gestrichen
■ Grundrechte dürfen nicht ins Haushaltsloch fallen
In Bremen regiert der Rotstift. Das ist auch dem Karlsruher Bundesverfassungsgericht gut bekannt, denn schließlich hat es gerade mit der zweiten Bremer Klage auf Besserstellung im Länderfinanzausgleich zu tun. Doch Löcher in der Staatskasse dürfen kein Grund dafür sein, daß Kripo, Staatsanwaltschaft und Gerichte ein Grundrecht einfach außer Kraft setzen. Wem keine Straftat nachzuweisen ist — und sei es aus Personalmangel bei der Kripo — den darf der Staat eben nicht einfach im Knast am langen Arm verhungern lassen.
Diese einfache Lektion mußten die Karlsruher Richter jetzt der Bremer Justiz erteilen, die — vor allem bei jungen kurdischen Männern, die des Drogenhandels verdächtigt werden — die Dauer der Untersuchungshaft immer wieder über jegliches vertretbare Maß hinaus verlängert.
Aber das Urteil ist eine Blamage nicht nur für die Bremer Justiz, die auch mit den spärlich vorhandenen Mitteln sicher besser arbeiten könnte. Die Kritik aus Karlsruhe erinnert den ganzen Senat daran, daß man mit zuviel Rotstift auch gleich den ganzen Rechtsstaat streichen kann. Dirk Asendorpf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen