Rechtspopulisten wollen sich in Neukölln etablieren: "Pro Berlin" kriegt ordentlich Contra
Heute Abend wollen die Rechtspopulisten von Pro Deutschland im Neuköllner Rathaus einen Bezirksverband gründen. Ob das gelingt, ist unklar: Die Partei ist in einem desolaten Zustand.
Es ist der vielleicht letzte größere Auftritt des erst vor kurzem gegründeten Berliner Landesverbands von Pro Deutschland. Am heutigen Freitagabend wollen sich die Rechtspopulisten im Neuköllner Rathaus treffen, um einen Bezirksverband zu etablieren. Das Bezirksamt musste der Partei nach einer Klage einen Tagungsraum der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) überlassen. Pro Deutschland geht vor allem mit Hetze gegen Muslime auf Stimmenfang. Der Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen beobachtet die dortigen Parteigruppen.
Man werde die Kandidaten für die Neuköllner "Landtags-Wahlkreise" aufstellen und sich "kritisch mit der multikulturellen Realität im Lande auseinandersetzen", heißt es in der Einladung zu dem Treffen. 40 der etwa 180 Berliner Mitglieder von Pro Deutschland kommen aus Neukölln. Dass sie alle kommen, gilt als unwahrscheinlich: Als "Aufmerksamkeitsgeschacher und gewollte Provokation" bezeichnet ein früheres Mitglied der antiislamischen Partei die Veranstaltung.
Denn spätestens seit der Ankündigung des Ex-CDUlers René Stadtkewitz vor zwei Monaten, eine eigene islamkritische Partei zu gründen, sind die Chancen für Pro Deutschland rapide gesunken, bei der Abgeordnetenhauswahl im September kommenden Jahres zumindest einen Achtungserfolg zu erringen. Der "Pro"-Aussteiger berichtet von einem "Parteileben auf niedrigem Niveau", bei dem im Kern weniger als zehn Mitglieder wirklich aktiv seien. Und überwiegend widmeten diese sich dem Verteilen von Partei-Werbekarten in Briefkästen.
"Von Berlin haben die aus NRW migrierten ,Pro'-Anführer keine Ahnung", berichtet das Ex-Mitglied. So träume deren Vorsitzender, der Kölner Manfred Rouhs, noch immer davon, im nächsten Jahr im Roten Rathaus zu sitzen, weil er nicht wüsste, dass das Parlament im Abgeordnetenhaus tagt. Mitglieder seien lange Zeit mit dem Versprechen bei der Stange gehalten worden, dass Stadtkewitz als Zugpferd in die Partei eintreten werde. Zudem sei das Geld knapp: Der Wahlkampf 2011 wäre fast komplett von einer 50.000-Euro-Spendenzusage des Millionärs und früheren "Pro"-Mitglieds Patrik Brinkmann abhängig.
Das Bündnis "Rechtspopulismus stoppen" ruft zu einer Gegenkundgebung um 17 Uhr vor dem Rathaus Neukölln auf. Motto: "Abgesang auf Pro Deutschland feiern!" Laut einem Aufruf wird ein Fass Freibier ausgelobt - "wenn sich die Rassist_innen für immer dahin zurückziehen, wo sie herkamen: an ihren rechten Stammtisch". Die Grünen organisieren bereits für 16 Uhr einen Protest vor dem Rathaus.
Dass Neukölln schwieriges Terrain wird, musste Pro Deutschland schon mehrfach erfahren. Der von der Partei vorgesehene Vorsitzende für den Bezirksverband hat der Partei bereits wieder den Rücken gekehrt. Auch eine Mahnwache gegen Islamismus am vergangenen Wochenende im Schillerkiez geriet zur Blamage. Denn es kamen gerade mal sieben "Pro"-Mitglieder.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!