Rechtsextreme in Ungarn: Anklage wegen Mord an Roma
78 Schüsse, 7 abgefackelte Häuser: Eine vierköpfige Gruppe Rechtsextremer soll so sechs ungarische Roma getötet haben. Jetzt steht sie vor Gericht.
Schuldig sind nach Ansicht der ungarischen Ermittlungsbehörden vier Männer, die unter Verdacht stehen, in den vergangenen Jahren sechs Roma ermordet zu haben. Festgenommen wurden sie im September 2009 in der ostungarischen Stadt Debrecen. Der Prozess soll im Herbst beginnen.
Laut Zoltan Csizner, dem Sprecher der Ermittlungsbehörden in Ungarn, habe die Bande insgesamt 78 Schüsse an verschiedenen Orten abgefeuert und sieben Häuser mit Brandsätzen angesteckt. Ein fünfjähriges Kind und fünf Erwachsene wurden dabei getötet, fünf weitere Personen schwer verletzt - allesamt Angehörige der Roma, der größten Minderheit Ungarns, die meist in Elendssiedlungen am Rande der Dörfer leben. Laut Volkszählung machen sie rund zwei Prozent der Bevölkerung aus. Schätzungen reichen aber bis zehn Prozent. Csizner sprach von einem "außerordentlichen Fall krimineller Brutalität. Und zwar nicht nur für Ungarn, sondern für ganz Europa".
Einer der Verdächtigen werde als Fahrer der Gruppe nur als Mittäter angeklagt, die drei anderen müssten sich wegen Mordes verantworten. Die Kriminalisten, die Waffen, Brandsätze und markierte Landkarten bei ihnen fanden, halten es für ausreichend erwiesen, dass die Morde systematisch geplant gewesen seien. Ein Geständnis der Männer steht noch aus. Sie leugnen nicht, an den Tatorten gewesen zu sein, bestreiten aber jede Verwicklung in die Anschläge.
Den nahe liegenden Verdacht, dass die Täter in rechtsextremen Verbänden organisiert seien, bestätigte der Ermittler András Docs für zwei der Mordverdächtigen. Über die Identität der Gruppen schwieg er sich aber aus. Die rechtsextreme Jobbik, deren Miliz Ungarische Garde immer wieder bedrohlich durch Romasiedlungen marschierten, ist seit April als drittstärkste Kraft im Parlament vertreten.
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