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Archiv-Artikel

Rechte gewinnen Österreich KOMMENTAR VON RALF LEONHARD

Die einzigen echten Sieger der österreichischen Nationalratswahlen sind die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ. Die verfeindeten Brüder sind miteinander zur stärksten politischen Kraft geworden, während die ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP beide stark verloren haben.

Die große Koalition seit Januar 2007 war in der Wahrnehmung der Bevölkerung ein lähmender Stillstand. Dafür bekamen Sozialdemokraten wie Christdemokraten am Sonntag die Rechnung serviert. Die Protestwähler flüchteten vor allem zur FPÖ, die ihrer Rolle als Stachel im Fleisch der „Altparteien“ wieder gerecht wurde.

Grünen-Chef Alexander van der Bellen hat die FPÖ als „Partei der ängstlichen Männer“ bezeichnet. Tatsächlich wird sie vorwiegend von Männern gewählt. Und die einfach gestrickten Parolen appellieren an die Ängste der Menschen: vor den Ausländern, vor der Islamisierung, vor der Arbeitslosigkeit, vor den „Mächtigen“. Der rechtsextreme Kern – die Neonazis und die Glatzköpfe in Bomberjacken und Springerstiefeln – scheint dem durchschnittlichen FPÖ-Wähler weniger Angst zu machen als die hochgespielte „Überfremdung“ oder der ferne EU-Beitritt der Türkei.

Dass die Rechten so zulegen konnten, haben sich die Regierungsparteien selbst zuzuschreiben. ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel brach im Jahr 2000 das Tabu, als er sich mit Hilfe der Rechtspopulisten zum Kanzler machen ließ. Er machte eine ausländerfeindliche, auf niedere Ressentiments setzende Partei salonfähig und adelte sie durch Regierungsämter für schlagende Burschenschafter. Nach ihren internen Streitigkeiten sind die Rechtspopulisten in der Wählergunst zwar vorübergehend abgestürzt, aber dieses Zwischenspiel ist nun vorüber.

Auch die Sozialdemokraten haben dazu beigetragen, die FPÖ aufzuwerten. So ist die SPÖ in der Ausländerpolitik immer mehr nach rechts gerückt und zugleich musste Spitzenkandidat Werner Faymann die beiden Rechtsparteien umwerben, um sein Antiteuerungspaket im Parlament durchzusetzen. Dass er gleichzeitig eine Koalition mit den Rechtspopulisten kategorisch ausschloss, wollten ihm viele nicht glauben.