Rechte Gewalt: Antifas werfen Polizei Untätigkeit vor
Ein Jugendlicher erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei: Die soll zugesehen haben, wie er und weitere Antifas von Neonazis verprügelt wurden. LKA will Ermittlungen aufnehmen.
Erneut wird aus Antifakreisen der Vorwurf erhoben, Polizisten hätten bei einer Neonazi-Demo weggeguckt, als Rechtsextreme Straftaten begingen. Diesmal geht es um einen Vorfall, der sich am Samstag im Anschluss an die Demonstration vor dem Ringcenter am U-Bahnhof Frankfurter Allee ereignet haben soll. Ein Betroffener berichtete der taz, eine Gruppe von Antifaschisten sei dort von 50 bis 60 Neonazis attackiert worden. Die vor dem Bahnhof stationierten Polizisten seien extra außer Sichtweite gegangen, als die Neonazis auf die Linken losstürmten. Man habe gegen die Beamten am Dienstag Strafanzeige erstattet.
Die Polizeipressestelle teilte mit, der Vorfall sei bislang nicht bekannt, man prüfe, ob eine Anzeige eingegangen sei. Unabhängig davon werde das Landeskriminalamt Ermittlungen gegen Beamte wegen des Verdachts der Strafvereitelung aufnehmen.
Ein jugendlicher Betroffener schilderte den Vorfall gegenüber der taz so: Er und sein Freund seien zusammen mit anderen Antifas vor dem Ringcenter die Treppen hochgelaufen. Zu spät habe man bemerkt, dass oben um die Treppe herum 50 bis 60 Neonazis standen. Aber die Polizei sei mit einer Hundertschaft vor dem Eingang postiert gewesen. "Also dachten wir, hier wären wir relativ sicher." Die Neonazis hätten gespuckt und Flaschen auf die Antifas geworfen. Dann hätten die Neonazis die Polizei aufgefordert "sich zu verziehen, damit sie uns plattmachen könnten". Die Beamten seien daraufhin außer Sichtweite gegangen.
Dann seien die Neonazis losgestürmt. Ein Teil der Antifas habe in Richtung U-Bahn-Ausgang flüchten können. Der Betroffene sagt, er und sein Freund hätten hingegen nicht mehr ausweichen können. "Wir hatten noch Glück, dass die Nazis mehr Interesse an der flüchtenden Gruppe hatten und uns nur im Vorbeilaufen mit Tritten und Schlägen traktierten."
Die beiden Jugendlichen haben eigenen Angaben zufolge Gehirnerschütterungen und Prellungen erlitten.
Im Anschluss hätten sie versucht, den Leiter der Hundertschaft zur Rede zu stellen, so der Betroffene weiter. Doch der habe geantwortet: "Sonst wollt ihr doch auch nichts von uns wissen, warum sollten wir euch also schützen? Und jetzt verpisst euch, sonst gibts auch von uns noch mal richtig Ärger."
Auch die Herausgabe der Dienstnummern hätten die Beamten verweigert. Er habe sich aber die Helmnummern und das Nummernschild aufgeschrieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin