Recht auf Stadt: Hoffest weicht auf Straße aus
Investoren der Neuen Mitte Altona unterbinden mit Hilfe von Stahlgittern und Security ein Hoffest in der Harkortstraße.
HAMBURG taz | Per SMS gab es eine klare Ansage an die Aktivisten des Netzwerks „Recht auf Stadt“: „Wir steigen ein – 14 Uhr“. Mit einem Hoffest auf dem Bundesbahn-Express-Gelände wollten das Koordinierungsgremium der Anwohner des neuen Stadtteils „Mitte Altona“ und die Initiative Lux & Konsorten ein Zeichen setzen. Doch der Eigner des Geländes, das Unternehmen Aurelius, sperrte das Areal neben der taz.hamburg mit Gittern ab und postierte Security-Kräfte.
Und so musste das Hoffest kurzfristig zum Straßenfest auf der Fahrbahn der Harkortstraße umfunktioniert werden. Eine Bühne, der Bauwagen „Raumpatrouille“ und die „Supercafé-Terrassen Gomel“ wurden nebst einem Sofa und Info-Tischen mitten auf die von der Polizei gesperrte Straße gestellt. „Das, was Sie wollen, ist die Hölle für uns“, habe ein Aurelius-Vertreter dem Festkomitee mitgeteilt, berichtet Frank John von Lux & Konsorten. Die Genossenschaft kämpft für erschwingliche Gewerberäume in Altona.
In der Tat bauten Arbeiter schon am Freitag Stahlgitterzäune vor dem denkmalgeschützten Bahnhofsgelände auf, auf dem einmal ein „Kulturbahnhof“ entstehen sollte. Frauen und Männer des Sicherheitsunternehmens Securitas bezogen Tag und Nacht Position rund um das ehemalige Bundesbahn-Areal, auf dem der nach der Hafencity größte neue Stadtteil Hamburgs entstehen soll.
Im Februar hatte ein Bürgerforum mit 88,5 Prozent der Stimmen einen Planungsstopp für das neue Quartier gefordert, nachdem der Masterplan für das Areal zwischen den Bahnhöfen Altona und Diebsteich bekannt geworden war. Der Plan bedient im Wesentlichen die Interessen des Investoren-Konsortiums aus dem Baukonzern Hochtief und dem Immobilienfonds Redwood Growe.
So sollen an der Harkortstraße im ersten Bauabschnitt zwar 1.600 Wohnungen gebaut werden – die Zukunft des restlichen Geländes steht noch in den Sternen, da die Bundesbahn noch keine endgültige Entscheidung über die Verlegung des Bahnhofs Altona getroffen hat. Das Gros der Erschließungskosten wird jedoch zu Lasten der Stadt gehen. Außerdem sollen eine Vielzahl der Domizile aus Eigentumswohnungen bestehen.
Den Teilnehmern des Straßenfestes ging es am Samstag jedoch eher um die Halle neben dem ehemaligen Bundesgrenzschutz-Gebäude: Dort könnte nach dem Vorbild Amsterdams ein Gewerbehof entstehen. Doch erst nach zahlreichen Kultureinlagen – Polonaise und Chorgesängen an den Zäunen – öffnete sich im Verlauf eines Zauberer-Auftritts gegen 19.15 Uhr das blaue Stahltor der Halle. Als Festbesucher die Halle besichtigen wollten, schritten Polizisten sofort rabiat ein und setzten Besucher in der Halle fest.
Obwohl der Einsatzleiter vor Ort um 19.40 Uhr versprach, die Festgehaltenen freizulassen, wenn alle Sympathisanten zwei Meter vom Tor zurücktreten würden, dauerte es noch einige Zeit: „Wir klären noch etwas auf höherer Ebene ab“, sagte er. Um 20 Uhr öffnete sich dann das „magische Tor“, und die Festgehaltenen traten unter Applaus heraus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach