■ Kommentar: Rechnen auf Reserve
Verschwundene Millionen sind, so Thomas Mirows Rechenkunst, kein Verlust. Wozu gibt es denn Reserven: Schläfriges Verwaltungshandeln, das Projekte bewilligte, aber (noch) nicht finanzierte, zahlt sich jetzt angeblich aus. Daß diese Restewirtschaft aber keineswegs zur Finanzierung neuer Vorhaben reicht, weiß auch der Senator.
Förderungswürdige Projekte werden so gegeneinander ausgespielt: Was bei der Stadterneuerung abgeknapst wird, fließt Existenzgründern und Kleinbetrieben zu. So sinnvoll deren Unterstützung ist: Ein Trugschluß ist es zu glauben, auf diese Weise entstünden neue und dauerhafte Jobs in sozial benachteiligten Stadtteilen und in ausreichender Zahl. Es hilft wenig, künstlich Arbeit zu schaffen, wenn zeitgleich alteingesessene Werften und Einzelhandel Kündigungen en masse aussprechen.
Die soziale Stabilität im Stadtteil hingegen gerät ins Wanken, wenn es an öffentlichen Mitteln für soziale Infrastruktur und für die Sanierung von Altbauten mit kostengünstigen Mieten fehlt. Mangels Kita müßte sich der Nachwuchs künftig ein paar Stündchen allein amüsieren, während Mami und Papi das plötzliche Beschäftigungs-Glück erfahren.
Das frühe Ende der Stadtentwicklungs-Behörde, das böse Zungen angesichts der hohen Sparquote bereits herbeireden, ist damit nicht besiegelt: Mit dem diplomatischen Geschick, mit dem Mirow einst bekennenden Hafenstraßen-Feinden die Genossenschaftslösung schmackhaft machte, dürfte er den Senat weiter von der Notwendigkeit seiner Behörde überzeugen. Solange er deren Senator ist.
Heike Haarhoff
Bericht siehe unten
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