Recherche zu Coronahilfen: Förderprogramm mit Fehlern
Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann wirft Autoren des Deutschlandfunks vor, Kultur-Zensur zu fordern. Die Antwort eines Mit-Autoren.
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, entblödet sich nicht, uns in der taz vorzuwerfen, wir würden die Zensur der Kunst fordern (taz vom 27. 4.). Was haben wir bei Deutschlandfunk Kultur getan? Einfach nur unseren Job als Journalisten. Wir haben uns das Corona-Rettungspaket „Neustart Kultur“, das größte Kulturförderprogramm in der deutschen Geschichte, im Detail angeschaut und festgestellt, dass nicht alles so toll gelaufen ist, wie es der Deutsche Kulturrat glauben lässt.
Der Staat hat zum Beispiel gut verdienende Galerien in der Pandemie subventioniert und die Öffentlichkeit darüber nicht informiert. Wir haben in unserer Berichterstattung den erfolgreichen Lobbyismus des Galerienverbands BVDG nachgezeichnet.
Das hat Olaf Zimmermann, dessen berufliche Anfänge ebenfalls im Kunsthandel liegen, offenbar so erzürnt, dass er uns in seiner Zeitschrift Politik & Kultur diffamierte und die Behauptung aufstellte, wir würden Akteuren der Kultur „drohen“. Nun haben wir über ein Programm in der Literaturförderung berichtet, bei dem der Börsenverein des Buchhandels, übrigens ebenfalls ein Lobbyverband, mit Steuergeld auch rechtsradikale Buchprojekte ermöglichte. Dazu kommt die Förderung von Werken wie „Aus dem Leben eines Erzdruiden“, Wandkalender und esoterische und evangelikale Texte. Ach ja, zwei Drittel der Bücher wurden von Männern geschrieben. Auch das fanden wir erwähnenswert.
Das größte Verlagsförderprogramm der deutschen Geschichte war vermutlich auch das schlechteste Verlagsförderprogramm der Geschichte. Wir haben die komplette Liste aller geförderten Bücher veröffentlicht, damit sich die Welt und die Buchbranche selber ein Bild davon machen kann. Auch die anderen Neustart-Programme des Börsenvereins, in denen es, kurz gesagt, darum ging, Geld an Buchhandlungen zu verschenken, sind nicht fehlerfrei.
Dass die Kulturpolitik in Deutschland so intransparent ist, liegt auch an Menschen wie Olaf Zimmermann, der dem Kulturrat seit 1997 – seit über 25 Jahren also – vorsteht.
Leser*innenkommentare
Hans aus Jena
Den Kulturleuten stand (fast allen) zu Pandemiezeiten das Wasser bis zum Hals. Die ausstehende Miete für das Atelier, das Nichtmehrverdienen können durch abgesagte Konzerte, Ausstellungen und Auftritte hat insbesondere den freien Künstler*innen jegliche Existenz bedroht. Das einzige, was half (und dies muss man Frau Grütters bei aller sonstiger kritischer Distanz anerkennen) waren die unbürokratischen, mit der Gießkanne verteilten Fördermittel. Hätte ein Sachbearbeiter erst ein halbes Jahr lang Verwendungszweck, Notwendigkeit und Anspruchsberechtigungskriterien abgeprüft, wäre noch mehr einfach abgesoffen. Dass da schwarze Schafe auch was abgezweigt haben - unvermeidbar, ich bin eher überrascht, dass dies sowenige sein sollen. Die kann man jetzt immer noch nachträglich abgreifen und wegen Falschangaben zurück zahlen lassen.