: Rebellen leben länger
■ Neue Hoffnung bei Mukoviszidose
Die Lebenserwartung für Mukoviszidose-Kranke hat sich nach Einschätzung von Medizinern in den vergangenen zehn Jahren von durchschnittlich 20 auf mehr als 30 Jahre erhöht. Jeder dritte Patient erreiche heute bereits das Erwachsenenalter, sagte die Vorsitzende der Mukoviszidose-Hilfe, Christiane Herzog in Hannover. Ursachen für die verbesserten Chancen von Betroffenen der unheilbaren Stoffwechselkrankheit: neue Erkenntnisse der Wissenschaft und Therapieerfolge. Die Frau des Bundespräsidenten diskutierte in der Medizinischen Hochschule Hannover zum Thema „Mukoviszidose bei Erwachsenen“.
Die Kehrseite des Erfolges: In Deutschland gibt es für erwachsene Patienten noch keine Rehabilitationseinrichtungen. Einer, dem die Forschungsfortschritte neue Hoffnung schenken, ist Stephan Kruip. Der Diplom-Physiker aus Würzburg leidet seit seiner Kindheit an der tödlichen Mukoviszidose, bei der klebrige Sekrete produziert werden, die die Sauerstoffversorgung behindern. Kruip hat sich mit einem Leben auf Raten arrangiert.. „Als ich neun Jahre alt war, hieß es, ich hätte nur noch wenige Jahre zu leben.“ Heute ist er 29, mit einer Lebenserwartung von mindestens fünf weiteren Jahren. dpa
„Ich hoffe aber, daß ich meinen 50. Geburtstag noch feiern kann“, sagt Kruip und lächelt. Hoffnung setzen die Betroffenen auch auf Gentherapien, die bereits in den USA und Großbritannien erforscht werden. Nach Ansicht von Medizinern können die neuen Ansätze allerdings frühestens in zehn Jahren umgesetzt werden. dpa
Mukoviszidose ist die häufigste tödliche Erbkrankheit in der weißen Bevölkerung. Allein in Deutschland sind schätzungsweise bis zu 9 000 Menschen betroffen. Jeder 25. Deutsche ist Träger des Gens, das bei Asiaten und Afrikanern nicht vorkommt. Die Dunkelziffer ist nach Angaben der Mukoviszidose-Hilfe enorm hoch, da die Symptome der Krankheit häufig mit Bronchitis, Keuchhusten oder Asthma verwechselt werden. Patienten sind zeit ihres Lebens auf Medikamente und eine spezielle Krankengymnastik angewiesen. Auch für Stephan Kruip sind lange Klinikaufenthalte sowie hohe Kosten für Behandlungen, Arzneimittel und Spezialnahrung ständige Begleiter.
„Rebellen leben länger“ hat sich Kruip auf die Fahne geschrieben. „Ich stemme mich gegen die Krankheit und versuche, alles positiv zu sehen“, erzählt er. Durch Mukoviszidose sei er sehr religiös geworden und habe gelernt, daß Leben intensiver wahrzunehmen. Das sei jedoch nicht bei allen Patienten der Fall. „Viele sind frustriert, einige geben auf, weil ihr Leben, ihre Freizeit, ihr Beruf durch die Krankheit zu sehr eingeschränkt sind“, weiß Stephan Kruip. Martin Oversohl, dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen