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Realistischer Realsozialismus

■ Zur Legalisierung von Privatautos als Taxis in der DDR

Im Allgemeinen hat der Westler den ersten Blick auf den Sozialismus am Bahnhof Friedrichstraße: die lange, disziplinierte und aussichtslose Schlange, die sich ein Taxi herbeisehnt. Routinierte DDR–Besucher wissen sich zu helfen, insbesondere nachts. Da gibt es den mobilen grauen Taxi–Markt. Privatautos mit übernächtigten Fahrern, die sich nur unzureichend im sozialistischen Betrieb erholen konnten, versuchen das dringende Transportbedürfnis im realen Sozialismus notdürftig zu decken. Jetzt hat die DDR die illegale Selbstorganisation legalisiert. Privatwagen dürfen ein Taxi–Zeichen aufstecken und mit amtlicher Billigung der Mobilität des realen Sozialismus auf die Sprünge helfen. Ein Zeichen? Nicht nur wurde ein Notstand zugegeben, sondern auch die ganz selbstverständliche Illegalität der privaten Abhilfe legalisiert. Und diese Lösung hat - ob es nun so intendiert worden ist oder nicht - paradigmatischen Charakter für die DDR. Schließlich funktioniert der zentralisierte Verteilungssozialismus nur, weil er durchsetzt ist von einer grauen Tauschgesellschaft. Aus diesem Doppelcharakter der DDR–Gesellschaft entspringt die Spannung, die den DDR–Alltag interessant macht - so kann der zynishe Beobachter meinen. Hat die DDR–Führung, ähnlich wie bei der Westfernseh– Legalisierung, vor der Macht des Faktischen resigniert? Will sie verhindern, daß ein allzu großer Teil der Bevölkerung angesichts der Lust und der Not des „Organisierens“ mit den Gesetzen immer lockerer umgeht? Wie dem auch sei - diese Art von ganz realistischem Sozialismus gefährdet leider die spezielle DDR–Volkskultur, die eben nur zwischen Legalität und Illegalität blüht. Klaus Hartung

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