Reaktorsicherheit in USA: AKW ist auch ein Erdbebenopfer
Nach dem Ostküsten-Erdbeben muss das AKW North Anna im Bundesstaat Virginia zunächst abgeschaltet bleiben. Der Schaden ist größer als erwartet.
WASHINGTON taz | Ein Atomkraftwerk ist durch das jüngste Erdbeben an der US-Ostküste womöglich stärker lädiert worden als angenommen. Das AKW North Anna im Bundesstaat Virginia bleibt auf Anweisung der Atomkontrollbehörde NRC vorerst abgeschaltet.
Inspektoren untersuchen das Kraftwerk, das rund 15 Kilometer von der Ortschaft Mineral entfernt liegt, wo sich das Epizentrum des Erdbebens vor gut einer Woche befand. Es handle sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, versicherte die Betreiberfirma Dominion.
Die beiden Reaktoren von North Anna aus dem Jahr 1978 und 1980 hätten sich bei dem Beben von selbst abgeschaltet. Sie seien darauf angelegt, Erdbeben von der Stärke 5,9 und 6,2 auf der Richterskala auszuhalten. Das jüngste Beben hatte die Stärke 5,8. "Wir sind überrascht", kommentierte Dominion-Sprecher Jim Norvelle die Ansage der NRC.
Die Behörde befürchtet offenbar, dass die Erdvibration ungeachtet der Richterskala-Werte das Gelände stärker in Bewegung versetzt haben könnte als zugelassen. Die NRC hat bestimmte Grenzwerte für solche Bewegungen für die 104 US-amerikanischen Atomkraftwerke festgelegt. Derzeit werden die entsprechenden Daten vom Kraftwerksgelände noch ausgewertet.
"Es sieht nicht danach aus, als seien die Sicherheitssysteme in Mitleidenschaft gezogen worden", erklärte NRC-Sprecher Roger Hannah. Wenn die Erdbewegung auf dem Gelände allerdings nachweislich stärker als erlaubt gewesen sei, müsse die Betreiberfirma überlegen, wie sie das Problem löse.
Ständig neue Zwischenfälle
Nach dem Desaster im japanischen Fukushima hatte Präsident Barack Obama die US-Atomkontrollbehörde angewiesen, alle Kraftwerke auf ihre Erdbebensicherheit zu überprüfen. Die NRC erklärte, sie habe angemessene Maßnahmen getroffen.
Doch längst läuft in den Kraftwerken nicht alles glatt. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen. Der jüngste, der bekannt wurde, ereignete sich im Staat Vermont, wo aus einem fast 40 Jahre alten Kraftwerk radioaktive Stoffe ins Grundwasser gelangten. Jahre zuvor war dort ein ganzer Kühlturm eingestürzt.
Besorgniserregend ist für viele US-Bürger auch die Überalterung der Atommeiler. Fast alle haben mehr als 40 Jahre auf dem Buckel. Atomkraftwerke produzieren in den USA rund ein Fünftel des Stroms. Obama gilt als ein ausgesprochener Verfechter der Atomkraft. Er hält sie für saubere Energie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid