Reaktionen auf U-Bahn-Überfall auf Rentner: CSU will Münchner Schläger ausweisen
Nach dem Vorfall diskutiert die Politik über das Jugendstrafrecht. Die CSU will es verschärfen, die FDP findet es ausreichend. Die Polizei ermittelt wegen versuchten Mordes.
BERLIN taz/ap Vor übereilten Reaktionen nach dem brutalen Überfall auf einen Rentner in der Münchner U-Bahn warnt die FDP. "Politiker aller Parteien sollten sich mit überzogenen Forderungen zurückhalten", sagte Max Stadler der taz, der innenpolitische Sprecher der Liberalen-Fraktion im Bundestag. "Wir haben die juristischen Instrumente, um angemessen mit diesem Fall umzugehen. Schärfere Gesetze sind nicht notwendig."
Zuvor hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine Anhebung der Höchststrafe für solche Gewaltverbrechen von zehn auf 15 Jahre gefordert. Außerdem sprach er sich für die Ausweisung eines der beiden mutmaßlichen Täter, eines 20 Jahre alten Türken, aus. Bei dem anderen Mann, einem 17-jährigen Griechen, hätten die Behörden wegen der EU-Mitgliedschaft Griechenlands keine Handhabe.
Gegen die zwei jungen Männer war am Montag Haftbefehl wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung erlassen worden. Ihr 76-jähriges Opfer hatte bei dem Angriff der beiden in der Nacht zum Freitag einen mehrfachen Schädelbruch erlitten. Er hatte die zwei zuvor in der U-Bahn aufgefordert, ihre Zigaretten auszumachen. Anschließend wurde er im Zwischengeschoss einer U-Bahn-Station hinterrücks von den Männern angegriffen, zu Boden geschlagen und getreten. Die Tat wurde von einer Überwachungskamera gefilmt (taz berichtete).
Das Opfer hat das Krankenhaus laut Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) entgegen ärztlichen Rates wieder verlassen. Gegen die beiden Täter erging Haftbefehl wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Inzwischen haben sie die Tat gestanden und sitzen in Untersuchungshaft. Beide Schläger sind wegen Gewaltdelikten sowie wegen Diebstahls und Drogenhandels vorbestraft. Bei der Polizei sind 39 Delikte des älteren und 23 im Fall des jüngeren Täters registriert. Unterdessen sucht die Polizei weiter nach Zeugen. Auf den Überwachungskameras seien noch andere Menschen zu sehen gewesen, sagte ein Behördensprecher.
"Eine Ausweisung des türkischen Mannes kann sinnvoll sein, um sein derzeitiges Lebensumfeld vor Wiederholungsstraftaten zu schützen", sagt FDP-Innenexperte Stadler, "aber um das zu entscheiden, sollten Ermittler und Gerichte erst einmal ihre Arbeit machen dürfen." Stadler wandte sich auch gegen die Forderung von Münchens Oberbürgermeister Ude, die beiden mutmaßlichen Täter nicht nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen, sondern wie Erwachsene zu behandeln. "Bei dem 17-Jährigen ist ganz klar das Jugendstrafrecht anzuwenden. Und bei seinem Mittäter hat allein das Gericht zu entscheiden."
Das Jugendstrafrecht stellt im Gegensatz zum Strafrecht für Erwachsene die Erziehung in den Mittelpunkt - nicht die Bestrafung. Für Straftäter zwischen 14 und 18 Jahren gilt das Jugendstrafrecht uneingeschränkt. Bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren entscheidet das Gericht, ob das härtere Erwachsenenstrafrecht angewendet wird.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!