Reaktionen auf Studie zu linker Gewalt: Linke Abwehrreaktionen
Linkspolitikerinnen weisen den Vorwurf zurück, sie würden sich nicht von Gewalt distanzieren. CDU will runden Tisch. Körting hält davon nichts.
Politiker der Linkspartei haben sich gegen den Vorwurf gewehrt, sie würden sich nicht von linksextremen Gewalttaten distanzieren. Diese Kritik hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung der Studie "Linke Gewalt in Berlin" formuliert. Der Bundestagsabgeordneten Inge Höger hatte der Senator vorgeworfen, Gewalttaten der "militanten gruppe" (mg) zu rechtfertigen. Allgemein hatte Körting kritisiert, "Teile der Gesellschaft grenzen sich nicht ausreichend von linker Gewalt ab, ächten diese nicht genug."
Höger forderte Körting auf, "keine weiteren Lügen" über sie in die Welt zu setzen. Bei dem kürzlich beendeten Prozesss gegen drei mutmaßliche Mitglieder der mg seien die "Rechte der Betroffenen massiv missachtet" worden, so Höger. Nun werde sie wegen ihres Eintretens für einen fairen Prozess denunziert, sagte die Abgeordnete am Donnerstag. Höger hatte Mitte Oktober einen Freispruch für die drei Männer gefordert, die wegen eines versuchten Brandanschlags auf Bundeswehrfahrzeuge angeklagt waren. "Inhalt des Prozesses ist lediglich eine mögliche Aktion gegen den Kriegsprofiteur MAN", bei der kein tatsächlicher Sachschaden enstanden sei, hatte Höger argumentiert.
Auch die Berliner Abgeordnete Evrim Baba fühlt sich durch Körtings Kritik nicht angesprochen. "Da wird versucht, die Linke in eine Ecke zu pressen", sagte sie. Die SPD selbst sei ja unter Druck, nachdem Juso-Bundeschefin Franziska Drohsel an einer Demonstration für Mitglieder der linksextremen "Militanten Gruppe" teilgenommen habe. "Ich bin Pazifistin", betonte Baba, "mit Gewalt, ob gegen Menschen oder Sachen, habe ich nichts am Hut." Baba ist Anmelderin der diesjährigen Silvio-Meier-Demo, mit der Antifa-Gruppen jährlich an den 1992 von Nazis ermordeten Hausbesetzer erinnern. Sie warnte davor, linke und rechte Gewalt gleichzusetzen.
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Genau auf eine solche Gleichsetzung zielte am Donnerstag der CDU-Innenpolitiker Robbin Juhnke. Vor seinem Haus hatten im Juni Autos gebrannt. Weil Körtings Studie von Runden Tischen zur Gewaltprävention auf Bezirksebene spricht, forderte Juhnke bei der Abgeordnetenhaussitzung zum wiederholten Male, auf Landesebene einen Runden Tisch Linksextremismus analog zum Runden Tisch Rechtsextremismus einzurichten.
Innensenator Körting lehnte das ab: "Ich halte nichts davon, aktionistisch etwas zu machen, was in der Problematik nicht weiter hilft", sagte Körting. "Einen Runden Tisch halte ich für kein geeignetes Mittel, auch wenn er zum fünften Mal beschrieen wird." GA, STA
Die komplette Studie "Linke Gewalt in Berlin" kann man auf den Internetseiten des Berliner Verfassungsschutzes als PDF runterladen.
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