Reaktionen auf Steuersenkung: Kaum Nutzen, viel Schaden
Wie zu erwarten: Die Opposition kritisiert die Steuersenkung heftig. Der SPD-Parteichef giftet, der Koalitionsfrieden würde auf Kosten des Steuerzahlers gewahrt.
BERLIN taz/dpa/dapd | Wenn bei der wöchentlichen SPD-Pressekonferenz nicht nur der Parteivorsitzende im Willy-Brandt-Haus zur Öffentlichkeit spricht, sondern auch noch seine Stellvertreterin plus Fraktionsvorsitzender im Bundestag, dann ist die SPD empört. Oder will es wenigstens so aussehen lassen. So geschehen an diesem Montag, es ging um die Beschlüsse des Koalitionsgipfels.
Die geplante Steuersenkung sei "ein Minimalkonsens zur Sicherung des Koalitionsfriedens auf Kosten des Steuerzahlers", sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Die Mehreinnahmen sollten stattdessen zuallererst in die Senkung der Verschuldung gesteckt werden. Denn Reserven brauche man in nächster Zeit vielleicht ja wieder, wenn die Wirtschaft zu schwächeln beginnt. Der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier pflichtete bei: Die Steuersenkung "nutzt wenigen und schadet vielen".
Bei der Frage, was es zu tun gebe, ist sich die SPD jedoch noch nicht im Klaren. Könnten die Länderregierungen mit SPD-Beteiligung etwa eine Korrektur der kalten Progression ablehnen, an dessen Kosten sie gar nicht beteiligt würden? "Das klären wir gerade", sagte Gabriel. Aber prinzipiell würde man das natürlich ablehnen.
Kritik aus den Länder
In den Ländern formiert sich Ablehnung: "Bei den beschlossenen Steuersenkungen handelt es sich um ein politisches Nothilfeprogramm für die FDP", sagt der thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig, "der Koalitionsvertrag der Thüringer Landesregierung ist eindeutig: Wir werden keinen zusätzlichen Steuersenkungen zulasten des Landeshaushalts zustimmen." Würde es dann zu einem Vermittlungsverfahren kommen? Nicht unbedingt, so Parteichef Gabriel. Denn auch innerhalb der Union gebe es genügend Gegner, so auch Finanzminister Wolfgang Schäuble. "Herr Schäuble kann sich auf uns verlassen", sagte der SPD-Chef.
Seine Parteivize Manuela Schwesig kritisierte besonders die sozialpolitischen Beschlüsse: "Die Tür ist auf zum Pflegenotstand", sagte die Sozialministerin vom Mecklenburg-Vorpommern, "drängende Probleme in Deutschland werden nicht beantwortet. Und das geplante Betreuungsgeld sei eine "Fernhalteprämie" und ein "bildungspolitischer Super-GAU".
Auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat die Beschlüsse des Gipfels als "Täuschungsmanöver" und "Belastung künftiger Generationen" kritisiert. Die Maßnahmen blieben ohne jede Gegenfinanzierung und erhöhten bei Umsetzung die Neuverschuldung, sagte Roth am Montag nach einer Vorstandssitzung der Grünen in Berlin.
Der Vorsitzende der Linkspartei Klaus Ernst bezweifelt die Finanzierbarkeit der Koalitionsbeschlüsse für Steuersenkungen. "Wer Einnahmen senkt, der muss Gegenvorschläge machen", sagte Ernst am Montag in Berlin.
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