Razzien: Kein Ruhm für Hirntot-Rapper
Bei Razzien bei Mitgliedern des Labels Hirntot Records findet die Polizei Waffen und CDs mit Morddrohungen an die SPD-Politikerin Monika Griefahn.
Auf Razzien bei Rappern in drei Städten, bei denen die Polizei gewaltverherrlichende CDs, Musik-Equipment und mehrere Waffen beschlagnahmte, reagiert die Szene teils mit Verständnis. Die Musiker hatten u. a. der SPD-Bundestagsabgeordneten Monika Griefahn, die Texte deutscher Rapper wiederholt kritisiert hatte, mit Mord gedroht.
Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Berlin wurden die Beschuldigten nach der erkennungsdienstlichen Behandlung auf freien Fuß gesetzt. Dass die Rapper ihre Morddrohungen in die Tat umsetzen, „war und ist nicht auszuschließen“, sagte Simone Herbeth, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, am Montag der taz. Zum Zugriff kam es am Donnerstag in Düsseldorf, Köln und Berlin.
In den Wohnungen der drei Beschuldigten im Alter von 21, 24 und 25 Jahren wurden auch zahlreiche Waffen sichergestellt, darunter eine Pistole „Luger M-11“, 200 Gewehrpatronen sowie ein Maschinengewehr „AK-47“ mit verschlossenem Lauf. Der Waffe widmeten die Rapper auch einen Song, in dem sie mit Worten wie „Das ist meine AK, schau ihr in den Lauf, Kugelhagel in dein Kopf, Junge, du gehst drauf“ einen Amoklauf schildern. Der Song „Meine AK“ wurde ebenso beschlagnahmt wie die CD „1. Mai Steinschlag“. Darauf wird das Töten von Polizisten beschrieben. Die Stücke dürfen nun weder vertrieben noch im Internet verfügbar gemacht werden.
Im Forum der Seite Rap.de stoßen die Aktionen der Rapper von Hirntot-Records auf Unverständnis. „Das sind nur Sprüche“, sagt auch Marcus Staiger vom Label Royalbunker: „Aus irgendwelchen Rap-Texten ernsthafte Morddrohungen zu ziehen, ist Schwachsinn.“ Der Besitz von Waffen und deren leichte Verfügbarkeit sei allerdings durchaus bedenklich und eine Sache für den Rechtsstaat. „Wenn so ein Typ austickt, dann heißt es wieder, warum das nicht vorher gesehen wurde“, mahnt Staiger zur Vorsicht. Für die Underground-Rapper gehe es vor allem darum, in der Szene Aufmerksamkeit zu bekommen. „Das ist dieses typische Noch-mal-einen-Draufsetzen, Noch-brutaler-Sein“ als die Rapper des populären Labels Aggro Berlin. Er hat von den Rappern persönlich noch nie etwas gehört, die Musik des Labels bezeichnet er allerdings als „musikalisch unterirdisch“.
Seit den Razzien ist die Internetseite von Hirntot-Records bis auf den Shop abgeschaltet, die MySpace-Seiten der Rapper wurden nicht mehr aktualisiert. Anlass der Durchsuchungen war ein Song und Video, in dem die Rapper der Bundestagsabgeordneten Monika Griefahn (SPD) mit Mord drohten. Diese wollte sich gegenüber der taz mit dem Hinweis auf das schwebende Verfahren nicht zur Sache äußern.
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