Rauswurf: Berliner Ensemble will bleiben, wo es ist
Neuer Streit am Schiffbauerdamm: Der Dramatiker und Hausbesitzer Rolf Hochhuth kündigt dem Theater den Mietvertrag.
Was für ein Theater: Der Dramatiker Rolf Hochhuth will das Berliner Ensemble (BE) und seinen Direktor Claus Peymann rauswerfen. Als Eigentümer des Theaters am Schiffbauerdamm hat Hochhuth über seine Ilse-Holzapfel-Stiftung dem Land Berlin, Mieter der Bühne, wegen angeblicher Vertragsverletzungen „außerordentlich und fristlos“ den Mietvertrag gekündigt. Das Haus müsse „geräumt und besenrein“ an die Stiftung übergeben werden, so Hochhuths Drohung.
Die Kulturverwaltung bestätigte gestern das 25-seitige Kündigungsschreiben, reagierte aber gelassen. Man sehe „keine Gefahr, dass das BE nicht weiter spielen kann“, sagte Günter Kolodziej, Sprecher im Hause von Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD), zur taz. Einen Grund für eine Kündigung sehe er bislang nicht. Die Verwaltung sei trotzdem dabei, die Kündigung gründlich zu prüfen. BE-Anwalt Peter Raue erklärte ebenfalls am Montag, es habe keine Vertragsverletzungen gegenüber Hochhuth gegeben, wie dieser unterstelle.
Bis zur Weißglut
Der Ilse-Holzapfel-Stiftung, benannt nach Rolf Hochhuths Mutter Ilse, gehört das Theater. Das Land ist Mieter der Immobilie, die seit 1998 von Berlin an Peymanns Berliner Ensemble GmbH weitervermietet und von dieser bespielt wird. 240.000 Euro beträgt die Miete, nicht eben übermäßig, dafür werden Hochhuth bestimmte Rechte an der Bühne im Vertrag gewährt – was Claus Peymann nicht immer gefällt und was er auch öffentlich kundtut. Das wiederum bringt Hochhuth ab und zu zur Weißglut. Womit das Problem benannt ist.
Im Mietvertrag steht der Passus, dass Hochhuths Drama „Der Stellvertreter“ an drei Abenden im Jahr am Berliner Ensemble aufgeführt werden muss. Zudem sollen während der Theaterferien im Sommer Hochhuths Stücke auf der Bühne inszeniert werden. Diese „vertragsgemäße Pflicht“, so steht es in der Kündigung, sei nicht eingehalten worden. Insgesamt hätte es „kumulierte Verletzungen“ der im Mietvertrag verabredeten Rechte gegeben – zum Schaden der Stiftung.
Bislang waren Peymann und Hochhuth – oft sehr unterhaltsam – schaukampfmäßig aufeinander losgegangen. Neu ist, dass der Vertrag mit Berlin nun zum Zankapfel wird, ein weiterer Schachzug Hochhuths gegen das BE. Kolodziej sagte, die Kulturverwaltung sei sich zwar keiner Vertragsverletzung bewusst, nehme das Schreiben aber nicht auf die leichte Schulter – und hoffe auf eine Lösung mit dem 82 Jahre alten Dramatiker.
ROLF LAUTENSCHLÄGER
Leser*innenkommentare
Paul
Gast
Ein eitler, geltungssüchtiger, alter Mann mit leider viel Geld und einem Theater.
heiko heimlich
Gast
Für Barrierefreiheit hat der Besitzer einer Immobilie zu sorgen, also die Ilse-Holzapfel-Stiftung, nicht aber der Mieter (die Stadt Berlin) oder der Untermieter (das Berliner Ensemble).
Der Dank an Herrn Hochhuth seitens "von nicht barrierefrei" ist also m.E. völlig daneben!
In Rostock geschah Analoges: Die Stadt als Besitzer des Theaters verlangte von der Theater-GmbH als Mieterin aufwändige Brandschutzmaßnahmen an der Immobilie! Demnächst werden vermutlich Mieter in Mehrgeschossern vom Vermieter aufgefordert, gefälligst Fahrstühle einzubauen.
nicht barrierefrei
Gast
Herzlichen Dank, Herr Hochhuth,
endlich muss sich das Theater neue Räumlichkeiten suchen! DAS BE war noch nie barrierefrei und damit für RollstuhlfahrerInnen nicht zu erklimmen.
Endlich, endlich wird behindertenfeindlichen arroganten KünstlerInnen und der Intendanz des BE mal ins Knie getreten!
ENDLICH!!!!!!!!!!!!!!!!!
Lange habe ich auf diesen Moment gewartet; da fallen Weihnachten und Ostern auf einen Tag :-)