: Raus aus der Nische – rein in die Netzwerke
Berlins schwarze Bevölkerung feiert sich ab heute mit den Black Community Weeks, Partys und Vorträgen. Eine richtige Gemeinde gibt es hier nicht, aber dem Veranstalter Andreas Hartwig ist wichtig, dass überhaupt etwas passiert
Schon während der Planung gab es vereinzelte Proteste. Denn die Black Community Weeks, die am Samstag beginnen, wenden sich mit ihren Veranstaltungen ausdrücklich nicht nur an Schwarze. „Wir müssen raus aus der Nische“, wehrt Veranstalter Andreas Hartwig Kritik aus der Community ab. Offfenbar gibt es Forderungen, lieber „unter sich“ zu bleiben. Stattdessen will Hartwig „der Black Community eine Plattform bieten, auf der sie sich der Öffentlichkeit vorstellen kann“.
Daher finden während des dreiwöchigen Programms neben Vorträgen über koloniale Spuren in Berlin und über Diskriminierung im deutschen Alltag auch ein afrikanischer Kochkurs und ein HipHop-Workshop statt. Zudem macht sich unter dem Motto „Black is not beautiful“ der Bildungsaktivist Prasad Reddy daran, den Mythos der Länder des Südens zu entzaubern. Auf die Suche nach den Ursachen von Diskriminierung macht sich die Anti-Vorurteils-Trainerin Patricia Goetz mit einem zweitägigen Seminar. „Niemand ist immer nur das Opfer“, ist sie überzeugt. Und der in Berlin lebende Journalist Stanley Ty Greene wird sein Konzept einer multikuturellen Identität vorstellen. Klar, dass auf den Partys der Community zu Black Music geschwoft werden kann.
Bereits im letzten Jahr gab es eine große Party, und die war, glaubt man Veranstalter Hartwig, ein voller Erfolg. Vorbild für die Berliner Variante des Black-Pride-Programms sind, unschwer zu erraten, ähnliche Veranstaltungen in den USA. Dort wird seit 1976 mit dem Black History Month der Geschichte der schwarzen Weltbevölkerung gedacht. In Berlin gab es bis 1999 ebenfalls einen jährlichen Black History Month. Dann zerstritten sich die teilnehmenden Gruppen – das Projekt scheiterte.
„Es ist sehr schwierig, alle in ein Boot zu bekommen“, sagt Andreas Hartwig. Uns verbinden nicht automatisch Dinge wie Sprache, Religion und Herkunft.“ Vielmehr müssten kulturelle Barrieren zwischen schwarzen Migranten und Afrodeutschen überwunden werden: Afrikaner, so Hartwig, nähmen die Hiergeborenen häufig als sehr privilegiert wahr. Ostberliner Schwarze haben wiederum eine andere Identität als Westberliner Farbige.
Und immer wieder stellt sich innerhalb der Community die polarisierende Frage: Separation oder Integration? „Uns wurde sogar vorgeworfen, dass wir bei der Organisation der Black Community Weeks mit Weißen zusammengearbeitet haben“, sagt Hartwig. „Mir ist es wichtig, dass überhaupt etwas passiert.“
Zwar gibt es im schwarzen Berlin Netzwerke, Stammtische und Diskotheken, in denen man sich begegnet. Jährlich trifft man sich auch auf dem Bundeskongress der Black Community. Doch die große Black Community, von der Hartwig träumt, gibt es nicht. Sein deutliches Ziel: Mit den Gemeinschaftswochen neue Bekannschaften, Kooperationen und Ideen zu befördern. Und zwar nicht nur im Freizeitbereich: Hartwig lädt unter anderem zur Black Business Lounge ein, einer Kontaktbörse für Berlins schwarze Geschäftsleute.
Insgesamt wird es bei den Black Community Weeks nur eine Veranstaltung geben, zu der ausschließlich Schwarze eingeladen sind: einen Vortrag von Hilary Muhammad, der britischen Leitfigur der radikalen Bewegung Nation of Islam. Aber diese Veranstaltung läuft außerhalb des offiziellen Programms.
WIBKE BERGEMANN
Info: www.total-blackout.de