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Raucher-Demo in DüsseldorfDie Schmidt-Nachpaffer

NRW hat seit Mai besonders strenge Rauchverbotsregeln. 4000 Raucher, Kneipenwirte und Karnevalisten machten am Samstag auf der Straße ihrem Unmut darüber Luft.

Keiner kann's besser: Demo-Teilnehmer re-enacten des Altkanzlers Rauchgebaren. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Gegen das strenge Rauchverbot in Kneipen und auf Brauchtumsfesten in Nordrhein-Westfalen haben am Samstag in Düsseldorf schätzungsweise 4000 Kneipenwirte und -Schmidt-Raucher demonstriert. Unterstützt wurde der Protest von Karnevalisten und zahlreichen Schützen in Uniform.

Viele Demonstranten trugen Masken mit dem Gesicht des Altkanzlers und Rauchers Helmut Schmidt und qualmten demonstrativ Zigaretten. Auf Transparenten stand auf Rheinisch „Läwe on läwe lasse“ (Leben und leben lassen) und „Grün und Rot gleich Kneipentod“. Die Polizei sprach von etwa 3500 Teilnehmern, die Veranstalter von „gefühlt “.

Seit Anfang Mai gilt in Nordrhein-Westfalen das von der rot-grünen Landesregierung beschlossene, erweiterte Nichtraucherschutzgesetz. Es ist eines der strengsten in Deutschland: Raucherkneipen sind nicht mehr erlaubt. Auch Ausnahmen für Festzelte und Brauchtumsveranstaltungen gelten nicht mehr. Ein Bündnis von Raucher-Initiativen will das verschärfte Gesetz kippen und sammelt Unterschriften für die Anmeldung eines Volksbegehrens.

Der Bürgermeister von Neuss, Herbert Napp (CDU), wetterte unter heftigem Beifall über das „Raucherverfolgungsgesetz“. Weil der Politiker auch in seinem Dienstzimmer in Rathaus qualmt, hat er den Beinamen „Vesuv von Neuss“. Auch der Düsseldorfer Karneval unterstützte den Protest: Präsident Josef Hinkel kritisierte die um sich greifende Bevormundung und nannte das Gesetz überzogen.

Gastronomen berichteten am Rande der Demo über Existenzängste, weil die rauchende Kundschaft wegbleibe. „In der Woche ist der Umsatz um 40 Prozent zurückgegangen“, sagte die Düsseldorfer Kneipenwirtin Annette Helmus, die den Protestzug angemeldet hatte. Am Wochenende seien es 30 Prozent weniger. In den nächsten Wochen sind weitere Proteste geplant.

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13 Kommentare

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  • K
    knuffel

    Wo bleibt die Demokratie. Ich verstehe es als moderne Sklaverei.

    Unser Staat verdient ja an der Tabaksteuer... wie will er die enormen Verluste auffangen?

    Viele Existenzen stehen hier auf dem Spiel... ist jemanden aus der oberen Ebene bewusst?

  • KK
    Kohle Karl

    ...also hör mal Herr Terkatz, Simon, seltsame Frage, Du könntest Dir etwas Mühe geben und mit dem Rauchen aufhören, dann ist Dein Problem gelöst Ich bin jetzt auch Nichtraucher (schon der zweite Tag), von 60 Zigaretten am Tag gleich auf null, klappt hervorragend. Von mir aus kannst Du gerne keine 100 Jahre alt werden, ich möchte aber schon, jetzt wo ich Nichtraucher bin. Vermutlich werde ich diese arroganten Kampfraucher noch alle überleben und dich sicherlich auch.

    Raucher sterben früher und vorher sind sie todkrank. - bezahlt alles die Krankenkasse !!!

  • T
    Terkatz,Simon

    Ich muss schon sagen das diese Disskusion sehr interessant ist es gibt hier ja einige Kritiker des Gesetzes aber auch Befürworter. Ich bin selber Raucher und habe numehr folgendes Problem: Wenn ich führer in einer Kneipe war wurde ich in der Kneipe blöd angemacht ob es sein müsste das ich jetzt hier rauche.Nunmehr werde ich ja vor die Tür gezwungen und siehe da auf den Terrassen sitzen die Nichtraucher und beschweren sich jetzt über den Qualm. Ich habe versucht mit einem älteren Herrn zu diskutieren was aber leider nicht funktioniert. Liegt am Alterunterschied, denn alle alten Menschen wollen noch 100 Jahre weiter leben die Rentenkassen plündern wofür sie nie eingezahlt haben (Umlagesystem) und uns anderen Menschen das Leben schwer machen. Nuja aber das ist ja nicht das Thema. Nun wie löse ich jetzt mein Problem? Ich darf nicht in der Kneipe rauchen vor der Kneipe werde ich angefeindet und auf dem WC verstecken wie in der Schule möchte ich mich auch nicht. Wenn Sie hier liebe Leser/Leserinen eine Idee haben bitte ich Sie mir diese unter meiner E-Mail Adresse : terkatz-simon@t-online.de mitzuteilen. Vielen Dank für Ihre Mühen.

  • KK
    kohle karl

    Ich bin ein sehr sehr starker Rauche. Mein Zigarettenkonsum liegt im Augenblick bei ca. 50 bis 60 Stück am Tag. Auch in der Nacht muß ich öfters aufstehen um zu rauchen. Meine Nachbarn haben kein Verständnis für einen alten Mann wie mich. Schon mehrmals bin ich wegen nächtlicher Ruhestörung wegen meinem Raucherhusten angezeigt worden. Neuerdings darf auch in meiner Stammkneipe nicht mehr geraucht werden. Da fragt sich ein anständiger Mensch wie ich, was aus unserem schönem Land mittlerweile geworden ist. Nur weil ich Raucher bin, werde ich jetzt gehetzt und ausgegrenzt. Mein leben lang habe ich mit jeder Schachtel Zigaretten meine Steuern bezahlt, und jetzt soll das auf einmal bedeutungslos sein. Von dem ganzen Geld hätte man einen Kindergarten bauen können. Aber jetzt ist Schluss. Meine Zigaretten lasse ich mir jetzt aus Polen kommen. Das habt ihr nun davon, Ihr Nichtraucher. Wer ist hier eigentlich der Asoziale? Da müsst ihr euch nicht wundern, wenn es wieder eine Revolution gibt. Die Demo in Düsseldorf war erst der Auftakt. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der der militante Nichtraucher in der Minderheit ist. Dann hat dieser sinnlose Kampf einiger Gesundheitsapostel ein Ende.

  • TE
    Thomas Eigen

    Es gibt keinen einzigen realen Grund, warum es ein gastronomisches Angebot für Raucher NICHT geben darf. Wie groß oder klein auch immer ...

     

    Mir fallen nur zwei Gründe ein und die sind schlimm:

     

    1. Die Diskriminierung und Vergrämung des Rauchers im Allgemeinen.

     

    2. Die Unfähigkeit der Behörden, einen fairen Nichtraucherschutz zu überwachen.

  • A
    Andy

    Geht mir immer noch nicht weit genug. Man kann bei dem aktuellen Wetter noch nicht mal draußen in einem Café sitzen, ohne von allen Seiten zugequalmt zu werden. Egal wo man in einer Stadt geht oder steht, überall wird dieser widerlich stinkende Qualm in die Luft geblasen. Rauchen sollte ausschließlich in Privaträumen gestattet sein. Das wäre konsequenter Nichtraucherschutz!

  • EF
    Eberhard Freise

    Leider musste das Gesetz so konsequent kommen - denn noch 2012 wurde in NRW bei 18 von 25 Kinder-Karneval-Veranstaltungen geraucht. Auch in fast allen KNeipen und Diskotheken.

    Ausnahmen funktionieren nun einmal nicht - das ist nicht die Schuld von Nichtrauchern. Wer jetzt für 5 Minuten vor die Tür muss, vergleicht sich mit den Opfern der NS-Zeit, gehts noch??

     

    Ist bald nicht nur in NRW, sondern in ganz Deutschland normal:

    hier ein KOmmentar von mir: http://www.lokalkompass.de/wesel/politik/nichtraucherschutz-bald-auch-in-nrw-normal-d303412.html

  • H
    highks

    Also wenn bei einer Kneipe jetzt immer noch der Umsatz um 30-40% niedriger ist, als vor dem Rauchverbot, dann sollte sich der Wirt/die Wirtin mal überlegen, was an ihrem Konzept nicht stimmt.

     

    Wenn ich abends weg gehe, sehe ich überall nur volle Kneipen und Clubs und Bars, auch keiner der Raucher in meinem Bekanntenkreis bleibt beleidigt zuhause, weil er in der Kneipe nicht mehr rauchen darf!

     

    Ich war übrigens selbst lange Zeit Raucher, und fand auch schon damals extrem verqualmte Lokale und Kneipen nicht angenehm. Viele meiner Bekannten, die noch rauchen, bestätigen mir auch, dass sie es meist positiv bewerten, dass Lokale jetzt nicht mehr total verraucht sind.

     

    Selbst eine Zigarette an der frischen Luft zu rauchen (was ich übrigens ganz selten nach ein paar Bier auch noch mache) ist doch was ganz anderes, als ein total eingenebelter Raum mit kaltem, abgestandenem Rauchgestank!

  • T
    @TheK

    Zustimmung in jedem Bereich, auch was die Arroganz des ehem. Kanzlers betrifft.

    Gern als Begründung angeführt: Hohe ges. Kosten des Rauchens. Ist aber Unsinn. Nicht nur wegen der enormen Steuern, sondern auch darum, weil diejenigen im Durchschnitt die höchsten Kosten verursachen, die am ältesten werden und sich nach einem Dutzend OPs einfach nicht entscheiden können, an welchem Krebs sie mit 90 denn nun zu streben gedenken. Gönne ich denen, doch bitte keinen statistischen Unsinn verbreiten.

  • A
    Arne

    Die rotgrünen Stein- und Braunkohlelobbyisten um die Ministerpräsidentin Kraft planen 11 neue Kohlekraftwerke mit einem Ausstoß von 80 Mio Tonnen CO2 in deren Laufzeit. Durch den mit Kohlekraftwerken in der BRD verbundenen Schadstoffausstoß sterben in Deutschland laut einem EU-Bericht etwa 10000 Menschen frühzeitig.

     

    Evtl. sollte die rotgrüne Landesregierung statt das Rauchen für alle zu verbieten, wahlweise Raucherkneipen und Feinstaubkneipen einführen, wobei in letztere die Abgase von rotgrünen Kohlekraftwerken eingeleitet werden. Es ist schon haarsträubend, wie grauenhaft hilflos dumm diese Politiker versuchen mit Bevormundungen ihre Macht auszukosten um anderen Menschen etwas zu verbieten, was denen Freude bereitet anstatt wirklich etwas gegen Gesundheitsschädigungen zu unternehmen.

     

    Als eine Zeitung wie die TAZ, die normalerweise eine bewusstere Bevölkerung, die ihr Leben autonom verwalten möchte, unterstütz, halte ich es mal für sinnvoll, auf die zur Zeit ausliegenden Listen aufmerksam zu machen:

    http://nrwgeniesst.de/mitzeichnungsmoglichkeiten/

  • NM
    Nos Mo King

    Eigentlich hätte die Polizei die Helmut-Schmidt-Masken entfernen lassen können. Bekanntlich besteht auf Demonstrationen ein Vermummungsverbot.

  • D
    D.J.

    Mich juckt das Gesetz nicht, da ich so gut wie nichtmehr rauche. Dennoch halte ich es für gefährlich, da es in eine Reihe antiliberaler Roll-Backs gehört, die wir derzeit erleben. Denn der Nichtraucherschutz war auch durch das alte Gesetz schon gewährleisten (Abtrennungen der Bereiche, teils mit horrenden Kosten verbunden, die langfristig sinnlos waren).

    Von daher sympathisiere ich mit den Demonstrierenden. Aber ich finde es bedauerlich, dass bei wichtigeren Themen, die die wohl schlechteste NRW-Regierung aller Zeiten derzeit vergeigt (z.B. Uni-Politik; Förderung esoterischer Ansätze in der "Wissenschaft"; Finanzen; umstrittener Innenminister), kaum jemand den Hintern hochkriegt.

  • T
    TheK

    Leider ist in NRW aus dem Recht nicht eingenebelt zu werden inzwischen ein Gängelgesetz Sorte "wir verbieten dir die Selbstgefährdung" geworden. Selbst als Nichtraucher muss ich sagen, dass diese Regelungen jetzt zu weit gehen.

     

    Warum man allerdings das Musterbeispiel des intoleranten Rauchers (der systematisch sogar Brandschutz als Begründung ignoriert) als Vorbild für die Demo nehmen muss, weiß ich nicht.