piwik no script img

Rauchen beim Verhör"Musste manchmal schnorren"

Zu seiner Zeit als aktiver Kriminalkommissar hat Bernhard Schodrowski den Zeugen und Verdächtigen in Vernehmungen immer erlaubt zu rauchen, sagt er.

Dem Verzweifelten bleibt ein entspannender Zug erlaubt Bild: Reuters

taz: Herr Schodrowski, reden die Leute in der Vernehmung mehr, wenn der Polizist mit ihnen eine pafft?

Bernhard Schodrowski: Naja, das kann die Atmosphäre schon positiv beeinflussen. Das ist wie beim Taxi, wenn der Taxifahrer dem Raucher nicht verbietet in der Taxe zu rauchen, dann entspannt das die Fahrt mitunter auch.

Sie haben neun Jahre bei der Kripo gearbeitet. Können Sie sich an Ihr letztes Verhör erinnern?

Nein, an meine letzte Vernehmung kann ich mich jetzt nicht konkret erinnern, aber ich weiß, dass wir immer darauf geachtet haben, dass diejenigen, die wir vernommen haben, auch gut betreut wurden. Das heißt, wenn sie zur Toilette, einen Kaffee oder auch eine rauchen wollten, haben wir das ermöglicht.

Wie oft kam das vor?

Es kommt immer drauf an, wie lange eine Vernehmung dauert. Manchmal ist man in einer Stunde fertig, da ist dann der Bedarf, eine zu rauchen, meist nicht ganz so groß. Aber wenn die Vernehmung dann doch ein bisschen länger wird, will man einfach eine Pause. Da würde man dann einen Kaffee trinken, vielleicht ein Stück Schokolade oder Kuchen essen wollen und manche wollen dann eben auch rauchen.

Rauchen Sie denn selbst manchmal eine?

Nein, ich habe nie geraucht. Außer den üblichen Initiationsriten, dass man mal versucht hat, eine Zigarre zu rauchen, damals in meinem Studium in Paderborn. Aber die ist mir nicht bekommen. Gekifft habe ich übrigens auch nie. Aber ich laufe auch Marathon. Dafür bin Taxi gefahren, bevor ich zur Polizei kam, Rauchertaxi.

Hat Sie das als Nichtraucher nicht furchbar genervt?

Nee, das hat mich nicht genervt. Vielfach wollten die Leute nur die Möglichkeit haben zu rauchen. Es ist in den wenigsten Fällen in der Droschke geraucht worden.

Und wie war das in der Vernehmung?

Das kommt immer drauf an. Manche wollen dann schon ihrer Sucht frönen und ich habe das dann natürlich auch ermöglicht. In meinen Vernehmungen, da wo es gepasst hat, war das Angebot immer da.

Hatten sie für den Fall auch Zigaretten einstecken?

Nee, da musste ich dann im Nachbarzimmer bei den Kollegen schnorren, wenn einer keine Zigarette hatte. Mitunter sind Zeugen wie Beschuldigte ja in einer gewissen Aufregung gewesen und wenn da eine Zigarette beruhigend geholfen hat, dann war das in Ordnung.

Haben denn rauchende Kollegen nicht auch mal Lust, während der Vernehmung von Zeugen oder Verdächtigen zur Kippe zu greifen?

Ja, aber die konnten dann während der Vernehmung auch eine mitrauchen. Das geht auch in Ordnung, denke ich. Jetzt ist das anders. Jetzt sind wir rauchfrei, haben Nichtrauchervereinbarungen für alle unsere Dienststellen. Wer jetzt rauchen will, der geht runter in den Innenhof und stellt sich mit all den anderen an den großen Aschenbecher.

Oder ins Vernehmungszimmer...

Das kommt drauf an. Wenn das Gesetz so durchkommt, wie es im Entwurf steht, gibt es Ausnahmeregelungen. In besonders ausgewiesenen Wartezonen und Vernehmungszonen darf dann auch geraucht werden. Natürlich gilt das dann auch für Polizisten.

Gibt es bei Polizisten das Phänomen der Zigarette nach dem Verhör? So eine Situation ist doch vermutlich anstrengend?

Grundsätzlich habe ich den Eindruck, es rauchen heute weniger Kollegen als früher. Aber ich erinnere mich an meine Zeit im Kriminaldauerdienst, damals in der Direktion 7. Einen bestimmten Kollegen habe ich da deutlich vor Augen. Der ist vom Einsatz gekommen und dann war klar was passiert: er legte die Lederjacke ab, nahm das Schulterholster ab, wo er seine Pistole drinhatte, legte es über den Stuhl vor der Schreibmaschine.

Und die Zigarette?

Dann ist er kurz in den Aufenthaltsraum gegangen, hat diesen Kaffeebecher geholt, den er nie abgewaschen hat und der innen ganz geschwärzt war, hat ihn neben die Schreibmaschine gestellt und dann seinen Klapp-Aschenbecher herausgeholt. Und schon fing der Glimmstengel an zu qualmen. Dann hat er seinen Bericht geschrieben. Der brauchte das.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare