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Raubgräbern auf den Fersen„Für viele ist das wie eine Sucht“

Eckhard Laufer sucht nach illegalen Schatzsuchern. Im Grunde, sagt der Kriminalhauptkommissar, unterscheiden sich Archäologen und Kriminalisten nicht sehr.

Seit Mitte der 90er Jahre am Thema illegale Schatzsuche dran: Eckhard Laufer. Bild: LKA Hessen
Ilka Kreutzträger
Interview von Ilka Kreutzträger

taz: Herr Laufer, was haben Sie gegen Schatzsucher?

Eckhard Laufer: Erst mal nichts, Schatzsuche ist in Deutschland ja nicht verboten. Jeder kann sich einen Metalldetektor kaufen und auf Schatzsuche gehen.

Aber?

Bei den meisten Schätzen handelt es sich um prähistorische oder vor- und frühgeschichtliche Funde, also um Kulturdenkmäler. Wer gezielt danach sucht, braucht eine Genehmigung und muss die Funde melden. Das passiert zumeist nicht.

Der Spiegel hat 2006 von einigen Zehntausend illegalen Schatzsuchern in Deutschland berichtet. Sind es so viele?

Das ist reine Spekulation. Es muss ja jemand bemerken und anzeigen. Wenn ich abends nach Hause komme und meine Tür ist aufgebrochen, rufe ich die Polizei. Aber wer kommt abends an einer Ausgrabungsstätte vorbei?

Eckhard Laufer

47, Kriminalhauptkommissar, ist Koordinator für Kulturgüterschutz bei der 2010 ins Leben gerufenen Zentralstelle für Kriminal- und Verkehrsprävention beim LKA Hessen.

Nimmt die Zahl der illegalen Schatzsucher denn zu?

Genau können wir das nicht sagen, weil das Delikt in der Kriminalstatistik untergeht. Unterschlagung und Hehlerei werden nicht extra aufgeschlüsselt. Aber ich bin seit Mitte der 90er-Jahre an dem Thema dran und es hat seitdem nicht nachgelassen, wohl eher zugenommen.

Woran machen Sie das fest?

Seit in den 70ern Metalldetektoren und später Bodenradare auf den Markt kamen, hat das illegale Schatzsuchen zugenommen. Und nach dem Wegfall der ehemaligen DDR ging es dort von 0 auf 100 los! Vorher durften Privatleute nämlich keine Detektoren besitzen. In den 80ern und 90ern erlebte die illegale Archäologie dann eine Boom-Zeit und ich denke, der Reiz ist noch da.

Der Reiz des Verbotenen?

Für viele ist das wie eine Sucht. Und es macht ja auch Spaß. Ich bin mit der Archäologie groß geworden und hatte überlegt, das zu studieren. Habe es aber gelassen, weil die beruflichen Chancen dünne waren. Im Grunde genommen ist die Arbeit von Archäologen und Kriminalisten aber sehr ähnlich.

Wie das?

Es geht um Tatorte. Wo der Mensch siedelte, hat er Spuren hinterlassen. Ein Grab etwa ist wie ein Foto: Der Verstorbene und die Grabbeigaben kommen rein, es wird verschlossen, verbuddelt. Wird es tausend Jahre später geöffnet, kommt es auf jeden Fund als Beweis an! Nur so kann der Archäologe – wie der Kriminalist – aus dem Kontext heraus lesen, was er vor sich hat.

Die Schatzsucher zerstören gewissermaßen das Foto?

Es geht um einen unglaublichen Verlust von Information. Die illegalen Schatzsucher greifen in Tatorte ein und vernichten Bilder der Zeit. Wenn etwa ein Hügelgrab geknackt wird und die Zentral- und Nebenbestattungen entfernt werden, ist das strafrechtlich eine gemeinschädliche Sachbeschädigung.

Auch wenn ich nur ein paar Scherben mitnehme?

Es geht eben nicht um ein paar Scherben, sondern um den Verlust unserer Geschichte. Schützt man Tiere rechtzeitig vor dem Aussterben, kann sich die Art erholen. Bei einem Kulturdenkmal ist das anders. Wenn da eingegriffen wird, wächst nichts mehr nach und es ist für immer kaputt.

Ist den Schatzsuchern das klar?

In der Gesamtheit muss man sagen: Ja! Es gibt natürlich auch die Typen, die sagen, ach, ich kaufe mir mal einen Metalldetektor und suche los, weil Schatzsuche ist ja toll. Aber wer sich als Neueinsteiger auch nur ein bisschen informiert und im Netz stöbert, stößt zwangsläufig auf die Thematik legal und illegal. Es ist also schlicht eine Schutzbehauptung, wenn jemand sagt, er habe von nichts gewusst.

Und dann kann es Geldstrafen oder in seltenen Fällen auch Freiheitsstrafen auf Bewährung geben. Das schreckt die meisten eher nicht ab, oder?

Das stimmt. Außerdem werden viele Verfahren eingestellt und überführte Schatzsucher kommen mit Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten davon, die selten 1.000 Euro übersteigen. Man muss aber auch sehen, dass sich die Strafen an der Person orientieren. Die meisten, die mal bei Raubgrabungen erwischt wurden, sind keine typischen Kriminellen. Das geht quer durch die Gesellschaft und die machen es aus Spaß.

Das suggeriert ja schon das Wort – Schatzsucher klingt nicht sehr kriminell.

Das Schatzsuchen gehört zur Menschheit dazu und das wird sich auch nicht ändern. Aber trotzdem sollten die Menschen erst denken und dann handeln.

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1 Kommentar

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  • W
    wolf

    Man kann doch nicht sämtliche Sondengänger kriminalisieren und "Raubgräber" oder "Grabräuber" nennen. Durch die Interessen von Politik und Wirtschaft gehen mit Sicherheit unendlich viel mehr an Kulturgütern zugrunde als durch die Sondengänger. Ganze Landschaften werden Bauvorhaben geopfert, jahrhundertealte Dörfer verschlingt der Baggerzahn im Braunkohlebergbau und wenn es stimmt, lassen die Landesämter zum Beispiel römische Massenfunde verschreddern, weil man das Fundgut weder lagern noch bearbeiten kann.Ich suche heute noch Fundgegenstände, die ich vor 40 Jahren brav abgeliefert habe.

    Ich kenne Sondengänger, die über die Suche hinaus sehr viel Zeit und auch Geld investieren,und überaus kompetent bestimmen, datieren, restaurieren und konservieren.

    Das sind richtige Koryphäen auf ihrem Gebiet mit tiefgehenden historischen und archäologischen Kenntnissen.

     

    Wolfgang Wawrzyniak

    Mörfelden-Walldorf

    November 2013