Rassistische Fotomontage: Obama-Krise bei Google
Wer bei der Google-Bildersuche nach Michelle Obama suchte, bekam als erstes eine fiese Fotomontage zu sehen. Schuld war wohl eine "Google-Bombe".
Der Vorfall schaffte es natürlich prompt auf Titelseiten von Boulevardzeitungen: Wer bis Mittwoch in Googles Bildersuche den Namen "Michelle Obama" eintippte, bekam als ersten Treffer eine Fotomontage gezeigt, die die amerikanische First Lady als Affenmenschen zeigte. Das klar rassistische Bild stand neben harmlosen Porträts der Präsidentengattin: einem Jugendfoto und einem Ausschnitt aus einer Glamour-Zeitschrift, sowie weiteren, ungefähr acht Millionen, Bildern der First Lady.
Das Affen-Bild, zu dem sich das Weiße Haus bisher nicht äußerte, scheint durch eine so genannte Google-Bombe hervorgerufen worden zu sein: Dabei verlinken zahlreiche Websites einen bestimmten Begriff auf ein Bild oder einen anderen Netzeintrag. So kam es beispielsweise, dass die Google-Suche nach "miserable failure" lange Zeit auf die Homepage des Ex-US-Präsidenten George W. Bush zeigte, weil linke Web-Aktivisten hier ihre Späße trieben. Ähnliche könnte es im Fall der Michelle-Obama-Montage passiert sein.Wer genau hinter der Google-Bombe steckt, ist allerdings noch unklar.
Die Handhabung derartiger Fälle läuft bei Google normalerweise darauf hinaus, dem Algorithmus seinen Willen zu lassen – allerdings wird dieser regelmäßig angepasst, um bekannte Google-Bomben zu entschärfen. Das funktioniert allerdings nicht immer, weil diese Hacks schlicht die reguläre Arbeitsweise der Suchmaschine ausnutzen – und die ist eben darauf abgestellt, Seiten, die vielfach verlinkt sind, möglichst weit nach vorne zu stellen.
Wie die Michelle-Obama-Montage letztlich aus der Bildersuche verschwand, ist bislang unklar. Google entschuldigte sich laut Presseberichten zwar für die unangebrachte Darstellung, betonte aber, dass man nur illegale Inhalte entferne, um die Integrität seines Angebotes zu bewahren. (Das rassistische Bild dürfte trotz seiner Geschmacklosigkeit in den USA und vielen anderen Ländern unter die freie Meinungsäußerung fallen.) In seiner offiziellen "Erklärung unserer Suchergebnisse" heißt es, man distanziere sich zwar von Angeboten, die "verstörend" seien. Da aber ein Computeralgorithmus bei Google die Arbeit erledige, habe man darauf keinen Einfluss. "Wir entschuldigen uns dafür, wenn Sie die Verwendung von Google aufgeregt haben sollte. Wir hoffen, sie verstehen aber unsere Haltung."
Möglich ist, dass einfach Googles Suchroboter etwas schneller auf der Originalseite mit dem Bild vorbeisahen und das Ergebnis dann automatisch änderten. Dem Einsteller, einem privaten Blog-Betreiber aus Asien, der sonst nur eher harmlose "heiße Frauen" ins Netz stellt, war die Karikatur nämlich zwischenzeitlich unendlich peinlich – er entfernte sie selbst. "Mir tut dieser Artikel sehr leid und das das Programm ihn automatisch einbezogen hat", schrieb er und drückte in seinem offenbar computerübersetzten Statement auch noch seine Hoffnung auf den Weltfrieden aus. Befördert haben dürfte diesen Sinneswandel auch, dass sich schnell hunderte Kommentare unter dem Eintrag fanden: latent rassistische ebenso wie solche, die eine sofortige Herunternahme der Karikatur forderten.
Sollten die Suchroboter wirklich auf die Tube gedrückt haben, würde das aktuelle Suchergebnisse in diesem Fall schlicht den aktuellen Stand im Web repräsentieren. Eventuell schraubte Google parallel aber auch händisch an der Aktualisierungsgeschwindigkeit, um den Patzer auszubügeln - das stört die Integrität der Suche nach Meinung des Konzerns nämlich nicht.
Im übrigen setzt auch Google nicht immer auf reinste, ungefilterte Information. So betreibt man in China eine spezielle Suchmaschine, die sich dem Zensurregime der dortigen Regierung unterwirft. Also etwa unerwünschte Begriffe wie die "Sekte Falun Gong" oder das "Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens" ausblendet. Parallel dazu hat der Suchkonzern auch in seiner unzensierten Hauptsuche mit rechtlichen Angriffen zu kämpfen. So wurden etwa bereits Links auf Raubkopien herausgeklagt; kurzfristig war sogar vor einigen Wochen die gesamte Tauschbörsensuchmaschine "Pirate Bay" nicht mehr über Google erreichbar.
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