piwik no script img

Rassismus im sächsischen FußballNeonazis provozieren Spielabbruch

Im sächsischen Mügeln ist am Wochenende ein Fußballspiel wegen antisemitischer Gesänge von Neonazis abgebrochen worden. Der Bürgermeister will nichts gehört haben.

Zuletzt wurden 2007 in Mügeln Inder durch die Stadt gejagt. Bild: ap

BERLIN taz | Neonazis provozierten am Wochenende den Abbruch des Bezirksligaspiels zwischen Mügeln-Ablaß 09 und Roter Stern Leipzig (RSL). In der 80. Minute habe der Schiedsrichter das Spiel vorzeitig abgepfiffen, weil die antisemitischen Gesänge "aus dem Bereich der Mügelner Fans" nicht aufhörten, erklärte die Polizei. Mügeln führte zu dem Zeitpunkt mit 2:0.

Vor einem halben Jahr hatten Neonazis während eines Spiels in Brandis die Fußballer des Vereins Roter Stern Leipzig angegriffen, mehrere Menschen wurden verletzt, mindestens eine Person schwer.

Nach RSL-Darstellung riefen Mügeln-Anhänger ab Spielbeginn antisemitische Parolen wie „Ein Baum, ein Strick, ein Judengenick“ oder „Eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem nach Auschwitz“. Die Vereinsvertreter von Mügeln-Ablaß hätten nicht eingegriffen. Der Sprecher des Mügelner Vereins, Jan Greschner, wiederum distanzierte sich von „nationalsozialistischen Gesängen“: Die beschuldigte Gruppe sei zuvor weder in Mügeln noch beim Verein zu Fußballspielen erschienen.

Bereits Mitte der ersten Halbzeit wurde das Spiel längere Zeit unterbrochen. Nach Polizeiangaben wurden die Beamten bei der Aufnahme von Zeugenaussagen von unbeteiligten Gästefans angegriffen. Die Leipziger sprachen hingegen von einem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz. Aufgrund der sich dadurch entwickelnden Tumulte musste das Spiel für 25 Minuten unterbrochen werden.

Nach dem Spiel versammelten sich laut Polizei etwa 60 Menschen in der Innenstadt von Mügeln. Sie trugen Plakate gegen „linke Gewalt“ und gegen den ortsansässigen Verein „Vive le Courage“, der sich gegen Neonazis und Rechtsextremismus wendet. Die Demonstration wurde aufgelöst weil etwa die Hälfte der Teilnehmer Lieder mit „verfassungsfeindlichem Inhalt“ sangen. Gegen sie werde wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ermittelt.

Unterdessen deutete der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) das Spiel als Auseinandersetzung zwischen „Linken“ und „Rechten“: „Die verbalen und gewaltsamen Auseinandersetzungen rund um das Spiel zeigen, dass der Fußball von rechten und linken gewaltbereiten Extremisten benutzt wird.“ Der Mügelner Bürgermeister, Gotthard Deuse (FDP), der gleichzeitig auch Präsident von Mügeln-Ablaß ist, sagte dem MDR: "So lange ich beim Spiel war, habe ich keine Nazi-Sprüche gehört." Er sei allerdings auch vor Spielende gegangen.

Während sich Mügeln-Ablaß von „jeglicher politischen Haltung“ distanzierte, versteht sich RSL ausdrücklich als antifaschistischer Fußballverein. Im vergangenen Jahr wurde er mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet, weil er versuche „Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder sexuellen Präferenzen“ zu verhindern.

Mügeln war im Sommer 2007 bereits in die bundesweiten Schlagzeilen geraten, nachdem auf einem Stadtfest mehrere Inder durch den Ort gehetzt und überfallen worden waren. Damals hatte Bürgermeister Deuse in der rechtsgerichteten Zeitung Junge Freiheit „Rechtsextremismus“ als Tatmotiv ausgeschlossen. Über die rassistischen Rufe sagte er der Financial Times Deutschland: „solche Rufe können jedem Mal über die Lippen kommen.“ Später distanzierte er sich von seinen Aussagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • T
    Tom

    Freunde des objektiven Journalismus - schon mal in Sachsen gelebt? schon mal in Sachsen verkloppt wurden? schon mal in Sachsen aufm Land Urlaub gemacht?

    Neeee?

    in diesem Fall wäre es besser die Finger still zu halten und zu überlegen bevor man iwas macht!

    Und wenn man sich entscheidet was zu tun ist es eventuell besser nicht nur drauf zu hauen sondern, sich stark zu machen, keine dämlichen kommentare von wegen antisemitischen Linke (die im übrigens vereinzelt nur antikrieg sind - und erfolgreich naziaufmärsche ''friedlich'' blockieren) sondern zu sagen ok diese Leute sind da, aber wir sind mehr und müssen Verantortung übernehmen.

    Warum heißt die Überschrift eigentlich ''Rassimus im sächsichen Fußball'' ???

    Welcher nationale Schmierfink war den da am Werk?

    Sachsen gehört zu diesem Land, das sich Deutschland schimpft. Damit ist es auch Rassismus im deutschen Fußball.

    Und jetzt erzählen Sie mir nicht in anderen Bundesländern wenn zum Beispiel gegen: SV Türk Gücü Hildesheim gespielt wird gibt es keine rassistischen Äußerungen! Das glaubt Ihnen vielleicht der Bürgermeister von Mügeln aber dann wirds schon dünn!

    Also Freunde des friedlichen Fußball kämpft zusammen für einen sauberen Sport und haut nicht einfach überall drauf wo es sowieso schon brennt!

    In diesem Sinne Kraft kommt nur durch Freude, kommt zwar aus Österreich - kennt man aber mittlerweile auch schn in Sachsen!!

  • L
    Luftschloss

    @mutti

     

    Nun ja, Faschisten und Nazis gleichzusetzen ist schon mal falsch ist, dazwischen liegen 6 Millionen tote Juden, ist dein erster Fehler aber Hauptsache einfach alles Faschos und Faschokäfer…

    Doch hier gehe ich schon zu tief in die Extremismuslehre.

     

    Zu schreiben dass man als Migrant in Mittweida ein Jahr nicht überleben würde ist einfach nur Rufmord und dummes Gewäsch.

     

    Eines aber glaub mir, für viele Opfer des Sozialismus ist Links genauso schlimm wie Rechts und nicht nur schöne Folklore und jetzt geh wieder in deine Extremismusecke spielen.

     

    Gruss

    Ein bürgerlicher Dünnbrettbohrer

  • M
    Mutti

    @von Luftschloss:

     

    Nein, Mügeln ist ein sächsische Vorzeigestadt, ohne Probleme.

     

    Der Bürgermeister und Stadtrat hören seit Jahren nix [wie in Pirna, Mittweida und wie die ganzen sächsischen Faschokäffer heißen] und leidet an Wahrnehmungsstörungen - ja hier kann leider pauschalisiert werden.

     

    Es fehlt der Wille der kommunalen Politik, das Problem als ein solches zu erkennen. Ich habe mehrere Jahre in Burgstädt gewohnt. Wenn dann wie in Limbach Oberfrohna (auch so ein Kaff) CDU und NPD ein Bürgerbündnis gegen Extremismus ins Leben rufen, dann kann man schon ins grübeln kommen. Warum wird ein Rechts-Problem (nach Mord, schweren Körperverletzungen und Warnungen der Opferberatungen bspw. RAA-Sachsen) scheinbar nicht als existent wahrgenommen. Die Einstellung mancher komunaler Politiker ist, milde ausgedrückt, nicht (oder vielleicht gerade zu gut) nachvollziehbar.

     

    Da werden dann Sozialarbeiter, welche bei der NPD aktiv sind eingestellt, die Extremismus Debatte unerträglich instrumentalisiert und der Zusammenarbeit der braven Bürger gegen die Chaoten (welche ja von Links die wirklich Schlimmen sind) steht nix mehr im Wege.

     

    Da hilft leider nur schlechte Presse für diese hinterwäldlerischen Bergdörfer. Wer nicht hören will muss fühlen.

     

    "...sich heute Rechte und Linke Deppen die Klinke in die Hand drücken" - Extremismustheorie-medien-opfer-du-bist

     

    Ich bin ein linker Depp, kenne viele Linke Deppen und ich war früher Mitläuferfascho und kannte viele Faschos. Meine Ansage an bürgerliche Dünnbrettbohrer: Rechts ist nicht gleich Links. Wer dies so darstellt ist in hohem Maaße verantworungslos, spottet der schweren Opfer, und sollte ein Jahr in Mittweida als Migrant verkleidet wohnen. Sollte er dies überleben, wird er wohl eine andere Sicht einnehmen.

  • A
    ari

    ist schon herrlich, wo die taz jeden tag aufs neue die bösen nazis entlarvt ;)aber scheinbar ist in der redaktion noch nicht angekommen, dass die schlimmsten antisemiten inzwischen die linken chaoten geworden sind. aber man braucht ja immer ein hirngespinst, um von eigenen problemen abzulenken.

    und am 1. mai werden sicherlich wie jedes jahr die bösen nazis durch kreuzberg laufen und alles kurz und klein schlagen...

  • S
    SuicideSeemsTheOnlyWayOut

    Ai, das weiß doch jede_r antifaschistische Fußballfan, dass mensch, wenn einem das Leben lieb ist, nicht mehr in den Osten fährt. Wie war das noch mit den "no-Go-Areas"?

    Die CDU verhält sich wie gewohnt, kaum einen Kommentar wert. Toleranz ist wichtig, richtig, popichtig. Hier waren wieder wilde Linksextremisten am Werk, Watson! Sonnenklar!

    Antifaschistisch = Gewaltbereite Terroristen. Diese Umdeutung wird immer fester in der Sprache der Gewinner in der Gesellschaft.

     

    Übrigens- Ein Hoch auf den Verfassungsschutz...der heutigen Stasi....die erschrecken einen in dunklen Gassen immer so schön und möchten überzeugen, dass als Migrantin, Kind von Hartz-Empfängern, Antifaschistin und Künstlerin eh nichts mehr zu holen ist. Na, wie wär's wenn Sie uns ein bisschen was erzählen Frau XX ?

     

    Deutschland...auf dem Weg, die Welt abermals mit seinen tiefen Abgründen zu überraschen. Lassen wir es nur noch ein bisschen wachsen.

    Nächster Krieg...20 Jahre? 30? Wetten?

  • L
    Luftschloss

    @von taz Leser

     

    Nein, Mügeln ist die Stadt in der dank völlig neutraler Berichterstattung sich heute Rechte und Linke Deppen die Klinke in die Hand drücken...

  • SH
    serious haircut

    @Oma Soleder

     

    Fuerwahr. Die massenhaften Vorkommnisse der pruegelnden und antisemitische Parolen rufenden Rastafari- und SED-Kader Horden finden hier natuerlich wieder keine Erwaehnung.

    Gerade in Muegeln hat sich doch eine rege SED-Rastafari-Parallelgesellschaft etabliert!

  • N
    Nobilitatis

    Was für ein einseitiger Artikel! Den Lesern der taz empfehle ich, sich auch unabhängig zu informieren. Man kann und will Nazis nicht verteidigen, aber Berichterstattung sollte trotzdem distanziert und ausgewogen sein! Oder ist das jetzt eine Zeitung für Autonome?

  • AX
    Alfons X

    gut das die CDU jetzt gerade die christlichen werte gegen eine deutsch-türkin verteidigen muss und keine keine energie mehr hat auch laut gegen die nazis vorzugehen!

     

    jo, mei kruzitürken. die nazis hätte die jesus familie auch sofort totgeschlagen. ein jude, ein strick,.....

     

     

    horror.

  • T
    Tobias

    Könnte mir jemand das Posting von Mike erklären???

    Also zum Thema:

    Das Abwiegeln des Innenministers kennt man ja zu Genüge, ist Rechtradikalismus im Spiel müssen natürlich auch Linksradikale dabei sein, beide sind schuldig und der feine CDU-Innenminister ist fein raus.

  • TL
    taz Leser

    Mügeln, ist das nicht die Stadt, in der kriminelle Inder eine Schlägerei angefangen haben und wo dann ein unbescholtener junger Mann ins Gefängnis musste, weil er eine Scheibe eingeworfen hat?

  • OS
    Oma Soleder

    Wer sagt eigentlich, dass es Neonazis waren? Antisemitismus ist schließlich auch im "linken" Milieu weit verbreitet und Homophobie unter Reggaehörern. Wer weiß, am Ende waren es SED-Kader und Rastafaris...

  • B
    Buster

    Mit dem "Hinspiel" ist sicherlich das Spiel gegen den FSV Brandis letzten Oktober gemeint. Ein bißchen Recherche hätte da gut getan.

     

    Gruß aus dem grün-weißen Leipzig

  • U
    Unfassbar

    Was hier in Sachsen und sachsenanhalt abläuft ist schon lange nicht mehr tragbar. Nur zur Information: in der selben Nacht wurden in Merseburg(nicht weit weg) 10 alternative Jugendliche von 30 bewaffneten Nazis angegriffen und überfallen. Dabei sind drei Jugendliche schwer verletzt worden(einer hat sein halbes Gebiss verlohren) und die alarmierte Polizei(wo war sie? Nicht da!)

    Der Staat hat mit seiner Jahre langen Teilnahmslosigkeit Gebiete geschaffen, die für manche Menschen zu Orten geworden sind, in denen ÜBERLEBEN kaum noch möglich ist. Wenn sich nicht scheunigst was ändert, wird es zu ener neuen 90er Jahre Auseinandersetzung kommen. Mit oder ohne Hilfe des Staates. ES REICHT!

    Und an die Medien, auch ihr habt eine normative Verantwortung, für die Grundrechte unserer Gesellschaft!

    Ich kann diese ganzen neutralen Berichte nicht mehr ertragen. In Mügeln stehen 400 Menschen und brüllen: scheiß Juden, Neger. Reihenweise Hitlergrüße 80 Minuten lang !!!!!!!!!!!!!!

    Und die Polizei????? Hat nichts besseres zu tun als RSL Anhänger zusammen zu schlagen.

    Zitat Polizist: "Selberschuld wen der hier hinfährt!" - Das war nachdem der Polizist jemanden zusammen geschlagen hat und diese Person unter Astma leident auf dem Boden liegt und nach Luft röchelt. Einem anderen RSL-Anhänger wurde die Nase eingeschlagen. Krankenwagen mussten kommen, das waren die Polizisten!!!! Und hinter ihnen ein widerlicher Nazis-Bürgermob mit Hitlergrüßen.

    Und auch das keine Einzelfall, der Mist passiert hier TÄGLICH. Ich kann diese Bilder nicht mehr ertragen.

    Liebe TAZ-redaktion, fordert doch mal die Polizeivideos an! Wetten, dass dort reihenweise Szenen gelöscht worden sind! Oder nur die aufgebrachten Anhänger RSL Anhänger zu sehen sind, nachdem die Polizei sich durch die gerade mal 100 Fans geprügelt hat. Und hinterher gibt es für die paar die sich wehren Anzeigen!!!!!!!!!!

    TOLLE STAAT, TOLLES SYSTEM UND TOLLE MEDIEN

     

    http://de.indymedia.org/2010/04/279050.shtml

  • I
    IDenkSchlächter

    Wer nicht unmißverständlich dieses Nazi-Gesindel bekämpft, macht sich mit ihm gemein. Nachgiebigkeit ist fehl am Platz. Also, „liebe Politiker“, zeigt nicht nur „Flagge“, zeigt auch nachdrücklich und drastisch den Knüppel einer wehrhaften Demokratie gegen jedwedes Nazi Totschläger- Pack! Wenn nicht, verschwindet dorthin, wo Ihr hin gehört – in der Versenkung!

  • A
    arty

    der Bürgermeister von Mügeln ist schon ein absurder Vogel - dass sowas regieren darf in einer Stadt und die Mehrheit der Mügelner Bürger ihm so blind vertrauen zeugt von geistiger Armut

  • V
    vic

    Bürgermeister Deuse, der Rechtsaußen von Mügeln, hört und sieht schlecht.

    Das weiß man nicht erst seit heute.

    Und deshalb gilt für alles was rechts ist: In Mügeln ist gut Prügeln.

  • M
    Mike

    Schlimer als die Nazis: Ihre Produzenten

     

    dass das erst die neuen Anfänge sind

    eines moderierten alten spiels

    dürfte klar sein. Linienrichterin DABEI:

    die Taz die nichts gehört und gelesen haben

    will, was ihre "neue" Euthanasiepolitik

    gegen autonome Kinderrechte mit

    dieser Entwicklung

    zu tun hat

     

    Mike