Rassismus: Polizei funkt SOS

■ Polizei in Hoyerswerda kritisiert Kommunalpolitiker/ Aufenthaltsort von Heimbewohnern unklar

Berlin (taz) — Die Angriffe auf Ausländer haben am Wochenende in Sachsen bisher nicht dagewesene Ausmaße angenommen. Inzwischen spitzte sich in der Stadt die Situation weiter zu, nachdem mehrere hundert Gegendemonstranten aus Berlin angekommen waren. Auch Mitglieder der Alternativen Liste, von SOS Racisme und Vertreter der Jüdischen Gruppe waren nach Hoyerswerda gereist. Sie wollen gegen die gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer in Hoyerswerda protestieren. In der weiteren Umgebung des Asylwohnheimes kam es zu ersten Schlägereien zwischen sächsischen Rechtsradikalen und Berliner Autonomen, gleichzeitig waren bereits mehrere hundert Anwohner auf den Straßen. Augenzeugenberichten zufolge wurden erste Verletzte ins Krankenhaus eingeliefert.

In der Industriestadt Hoyerswerda kritisierte die Polizeiführung offen die hiesigen Kommunalpolitiker. In einem Gespräch mit der taz sagte Wolfgang Kießling, aus Dresden angereister Polizeisprecher: „Es ist unverantwortlich, daß sich seit Dienstag kein verantwortlicher Politiker bei uns hat sehen lassen.“ Vergeblich habe man in den vergangenen Tagen mehrmals Landrat Wolfgang Schmitz, CDU, zu einer Krisensitzung eingeladen. Auch der Bürgermeister von Hoyerswerda, Armin Arendt, CDU, habe sich „bislang nicht blicken lassen“. Die Polizei sei für die Ordnung und Sicherheit der Stadt zuständig, nicht für die Lösung politischer Fragen. Nach mehrmaligen Aufforderungen war am späten Nachmittag Sachsens Innenminister Rudolf Krause (CDU) nach Hoyerswerda geflogen. Nach Redaktionsschluß wollte er eine Pressekonferenz geben.

Wohin die am Samstag geflohenen Heimbewohner gebracht wurden, konnte der Polizeisprecher nicht sagen, er hatte von diesem Unternehmen lediglich aus dem Rundfunk erfahren. Er vermutete, die Kirche habe die Busse zum Asylantenheim geschickt und die Menschen evakuiert. Auch zwischen den örtlichen Insitutionen gibt es nur wenig Kommunikation. Was mit den in Hoyerswerda verbleibenden Flüchtlingen geschehen soll, war gestern nicht zu erfahren. Die Polizei betonte lediglich, sie habe „die Lage völlig im Griff“. Bei den Auseinandersetzungen in der Nacht zum Sonntag wurden nach Polizeiangaben 17 Personen vorläufig festgenommen, gegen vier Personen hat der Staatsanwalt Haftbefehl beantragt. Nach Angaben des Polizeisprechers werden sie der Skinhead-Szene von Hoyerswerda zugerechnet. roga