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Ralf Leonhard über Österreichs ehrgeizigen Außenminister KurzAbsurde Messiasverehrung

Sebastian Kurz kann nicht über Wasser gehen und nicht einmal Brot vermehren.“ Mit dieser biblischen Anspielung versuchte der österreichische Politologe Peter Filzmaier am Sonntagabend in einer TV-Debatte die ÖVP auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. In der Tat erinnern die Lobpreisungen des designierten Parteichefs der österreichischen Konservativen an Messiasverehrung. Von einem „Jahrhunderttalent“ ist da oft die Rede. Und nicht einmal machtbewusste Landeshauptmänner stellten die Entscheidung infrage, dem 30-jährigen Jurastudenten die Partei auszuhändigen und der Selbstentmachtung zuzustimmen.

Die wichtigste Talentprobe, die der jüngste Außenminister Europas bisher abgeliefert hat, ist die erfolgreiche Selbstdarstellung, die seine Inthronisierung als alternativlos erscheinen ließ. Er versteht sich sowohl auf die Kunst der Inszenierung als auch auf Networking. Beides Voraussetzungen für Politik in der Mediengesellschaft.

Mit seinen Freunden aus der Jungen ÖVP hat er bereits die Strukturen geflutet. Dieses Netzwerk, gepaart mit dem Vertrauensvorschuss, den er genießt, könnte ihm tatsächlich eine Modernisierung der verkrusteten Partei ermöglichen.

Wofür er inhaltlich steht, bleibt allerdings noch ein Geheimnis. Außer in der Flüchtlingsfrage, in der er sich im Lager der Visegrád-Staaten mit Ungarns Viktor Orbán befindet, sind klare Ansagen Mangelware. Diese Qualität als relativ unbeschriebenes Blatt ist vielleicht die einzige Gemeinsamkeit mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron, mit dem sich Kurz gern vergleicht.

Mit einem vieldiskutierten Tweet, in dem er dessen Sieg über Marine Le Pen als Niederlage der Linken deutet, hat er sich aber als Konservativer geoutet, der keine Gelegenheit zum Sozialistenbashing auslässt. Billige Effekte sind ihm wichtiger als Substanz. So bleibt Sebastian Kurz bis zum Beweis des Gegenteils die moderne Version eines Rechtspopulisten.

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