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Archiv-Artikel

Ralf H. will seine Arbeit tun

PERSONALMANAGEMENT Dem Umwelt-Bremen-Geschäftsführer ist nie wirksam gekündigt worden. Trotz ordentlichen Gehalts lässt ihn die prinzipientreue Behörde partout keine Gegenleistung erbringen

Die Dienstvereinbarungen

■ Drei Dienstvereinbarungen unterzeichneten am 9. 9. 1986 Bremens Gesamtpersonalratsvorsitzender Gerhard Tilsner und Bürgermeister Klaus Wedemeier. Sie formulieren einklagbare Rechtsansprüche.

■ Sie regeln Fragen von der Einführung neuer administrativer Verfahren bis zur Kostenübernahme für Bildschirmarbeitsbrillen.

■ In der Festschrift zu ihrer 20-jährigen Geltung bezeichnet Jens Böhrnsen die Dienstvereinbarungen als „Grundlage für die laufend notwendigen Veränderungsprozesse“.  (taz)

Viel Geld könnte der Umweltsenator sparen. Das ging am Mittwoch aus einer Verhandlung vor der Zweiten Kammer des Landesarbeitsgerichts hervor. Joachim Lohse (Grüne) müsste dafür nur den Streit um die nichtige Kündigung des ehemaligen Geschäftsführers von Stadtgrün beenden, jenes Ralf H., der bei der Bildung des Umweltbetriebs Bremen (UBB) neben Klas R. zu dessen zweiten Geschäftsführer wurde.

Das einfachste Mittel wäre, Ralf H. wieder einzustellen, besser gesagt: Ralf H. wieder arbeiten zu lassen: Ihm ist, das hat die erste Instanz rechtskräftig festgestellt, nie wirksam gekündigt worden. Sinnvollerweise könnte man ihn auf seinem alten Posten einsetzen. Denn der ist seit 1. Juni wieder vakant.

Klingt vernünftig? Wird nicht geschehen. Denn es wird dabei zwar auch um Summen gefeilscht, und für H. geht’s um Job und Altersvorsorge und bürgerliche Existenz. Der Behörde aber geht’s ums Prinzip. „Wir sind der Meinung, dass der UBB für eine gute Arbeit und eine Zukunftsperspektive einen personellen Neuanfang braucht“, informiert Lohses Sprecherin Brigitte Köhnlein.

Egal ist dabei, dass H. in seinen neun Jahren als Stadtgrün-Chef bewiesen hat, einen 500-Personen-Betrieb führen zu können: Abgesehen von Protesten gegen ein paar Baumfällungen gab es mit ihm jedenfalls keinen Ärger. Die vorgegebenen Sparquoten hat er – 10 Prozent Personalabbau, 20 Prozent Kostenreduktion – erbracht. Folgerichtig war die Kündigung mit der betrieblichen Neustrukturierung begründet worden. Schon 2010 hatte Lohses Vorgänger Reinhard Loske (Grüne) ja den Wunsch, einen der Geschäftsführerposten einzusparen, als ein Motiv für die Zusammenlegung von Entsorgung und Bepflanzung im neuen Eigenbetrieb UBB benannt.

Eine solche betriebsbedingte Kündigung aber hätte es nicht geben dürfen, darauf wies der Kammervorsitzende Mario Nitsche gestern hin. Die erste Instanz hatte festgestellt, dass Geschäftsführer kommunaler Eigenbetriebe weisungsgebunden, also normale Angestellte sind. Also muss die die bremische „Dienstvereinbarung zur Sicherung der Arbeitsplätze bei einem Personalausgleich“ (DV) beachtet werden. Denn „die ist meines Wissens noch in Kraft“, so Nitsche, leicht ironisch: Die gilt ja als große bremische Errungenschaft. Zum 20. Jahrestag ihres Inkrafttretens hatte sich der Präsident des Senats Jens Böhrnsenfeierlich zu ihr bekannt. Sie erlaubt betriebsbedingte Kündigungen nur, wenn diese sozial-vertretbar sind und dem Zu-Entlassenden Umschulungs- und Umsetzungsangebote gemacht wurden, die er abgelehnt hat. Ist alles nicht passiert.

Nun aber ist die UBB führungslos. Und die Behörde sucht einen Menschen, „der den Betrieb in schweren Zeiten gezielt führt“, so Köhnlein. Bis Juli will man dafür aber „eine gute Lösung“ haben. Bemerkenswert. Denn Stellen neu zu besetzen, zählt zu den größten unternehmerischen Risiken überhaupt. Daher auch wurde der Vertrag des ersten, nicht als sonderlich initiativ bekannten UBB-Geschäftsführers Klas R. im März 2012 um drei Jahre verlängert. Nun aber ist er doch schon gegangen, zum 1. 6. 2013, einvernehmlich, wie es heißt. Goldig.

„Wir verstehen nicht, warum es für unseren Mandanten im gesamten Bereich der senatorischen Behörde keine Stelle geben soll“, sagt Anwalt Christian Brunssen: Er vertritt H. Dem stehen monatlich 9.004,95 Euro zu, für die Bremen seit zweieinhalb Jahren partout keine Gegenleistung mehr will. BENNO SCHIRRMEISTER