Rainer SchäferRadikale Weine: Ein Naturwein,aber ohne Chaos
Auch ein wenig Trotz schwang mit, als Stefan Dorst in diesem Frühjahr seinen ersten Tek-Nat ankündigte: „Da habt ihr euren Naturwein“, schrieb er, der wohl schon ahnte, dass man darüber reden würde.
Als einer der ersten deutschen „Flying Winemaker“ war Dorst, Jahrgang 1966, auf mehreren Kontinenten als Weinmacher unterwegs. Inzwischen ist er sesshaft, lebt in Landau in der Pfalz und keltert dort eigene Weine – mit denen er immer den Anspruch verfolgt, sich vom Mainstream abzuheben. Denn Dost empfindet die meisten Konkurrenzprodukte als „langweilig“, hergestellt aus den immer selben „Zutaten aus der Zubereitungsküche“ und mit den beliebten Hilfsmitteln der chemischen Industrie. Deshalb beschäftigt er sich seit Langem mit Naturweinen, die spontan auf der Maische vergären, unfiltriert und ungeschwefelt abgefüllt werden.
Viele dieser Weine sind Dorst aber „nicht sauber genug“ – oft zeigen sie Fehltöne wie flüchtige Säure oder riechen nach Essig. „Naturwein muss nicht trüb, diffus und oxidiert sein“, sagt Dorst. Mit dem befreundeten Winzer Kai Fest, 31, ging er deswegen eine eigene Interpretation eines Naturweins an: Frisch und klar sollte der sein und auch nach der Rebsorte schmecken, aus der er gemacht wurde.
Seinen Tek-Nat, der Name steht für „technischen Naturwein“, wollte Stefan Dorst nicht sich selbst überlassen, wie es gerne praktiziert wird, sondern mit dosiertem Einsatz von Technik da eingreifen, wo es ihm notwendig erschien. Die 35 Jahre alten Grauburgunder-Reben stehen in einer Hanglage in Rohrbach bei Landau auf Kalk- und Lößboden. Gewöhnlich liest Stefan Dorst seine Trauben von Hand. Im vergangenen Sommer waren die Reben aber so gesund, dass sie am 31. August 2018 maschinell geerntet werden konnten.
Den Most füllte der Winzer für zwölf Tage in einen Edelstahlbottich und streute ein „paar Körner Hefe“ darauf, um eine saubere und vollständige Vergärung zu erreichen. Danach kam der Wein in ein gebrauchtes Barrique, 600 Flaschen wurden schließlich unfiltriert und schwefelfrei abgefüllt. Es sei „Naturwein, aber ohne Chaos“, sagt Dorst. Das Etikett ließ er vom Pfälzer Graffitikünstler Till Heim gestalten.
Tek-Nat 2018, 13,90 Euro, Bezug über weinhandlung-am-kleinen-platz.de
Der Tek-Nat ist ein Weißwein und hat doch eine nahezu rote Farbe, er riecht nach Birnenschale, Wildkirsche und Kräutern. Er ist straff gebaut, fruchtig, trocken und animierend, er zeigt einen äußerst geringen Trinkwiderstand, die Gerbstoffe und aparten Bittertöne sorgen am Gaumen für Betrieb. Er sollte nicht zu warm, bei 10 bis 12 Grad getrunken werden und schmeckt bestens zur Gemüseküche, Ratatouille und Pasta.
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