Radsport: Nordmilch trennt sich von Pharma-Tochter
Bremer Molkerei-Riese buttert kein Geld mehr ins Profi-Team Milram: Damit endet eine Marketing-Geschichte, die rein quantitativ betrachtet ein Mega-Erfolg gewesen ist.
Nordmilch zieht sich aus dem Radsport zurück. Während des ersten Tour de France-Ruhetags war Gerry van Gerwen, Chef des Team Milram, am Montag zu seinem Geldgeber nach Bremen gejettet: Eher eine PR-Aktion, um die Peloton-Reporter in den Alpen auf seine Nöte aufmerksam zu machen. Und die beklagten prompt den "Niedergang des deutschen Radsports".
Schön für van Gerwen: Er sucht schon seit Dezember erfolglos Sponsoren. So lange steht auch der Ausstieg des Molkerei-Konzerns fest: Schon die laufende Saison bestreiten die Profi-Radler laut Konzern nur mehr mit Einjahresverträgen - eine Galgenfrist. Branchenüblich ist eine Bindung über vier Jahre.
In das Fahrrad-Abenteuer hatte sich die Nordmilch 2005 gestürzt: Seither promotet sie ihre Dachmarke Milram allein per Sport. Die soll, fragwürdige Süßstoffe wie Acesulfam hin, toxikologisch bedenkliche wie Aspartam her - "für Natürlichkeit" stehen. Radsport aber steht für pharmakologische Innovationskraft. Den Slogan "die Milch muss sauber sein" verkündete deshalb schon damals beim Bremer Sechstagerennen Frontmann Erik Zabel. Und die Verantwortlichen versprachen eine rigide Antidoping-Politik: "Wer dopt, der fliegt", resümierte Vorstand Martin Mischel.
Den entließ man 2008. Dabei wars quantitativ ein Mega-Erfolg: Auf über das Siebenfache der jährlichen Investitionssumme von acht Millionen Euro beziffert das Unternehmen den Wert der Medienpräsenz. Allein: Eine qualitative Auswertung dürfte anderes ergeben. Denn für Schlagzeilen sorgten Personalien: Ein als Teammanager engagierter Ex-Stasi-Major wurde im Herbst 2005 gefeuert. Dann gestand Zabel verjährten Epo-Konsum. Die Sprint-Ikone durfte bleiben, anders als Alessandro Petacchi (Salbutamol), Igor Astarloa (Blutwerte) und Manager Gianluigi Stanga (pharmazeutische Nachwuchsarbeit). Sportlich blieb das Team unauffällig. Das erleichtert den Abschied.
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