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Radprofis auf SpanienrundfahrtFisch in Gold

Alejandro Valverde gilt als Altlast aus der Hochzeit des Blutdopings in Spanien. Da stört das indes kaum einen. Der Lokalmatador führt derzeit die nationale Rundfahrt an.

Alejandro Valverde führt bereits seit neun Tagen die Spanienrundfahrt an. Bild: reuters

TALAVERA DE LA REINA taz | Alejandro Valverde ist ein scheuer Mensch. Nur schüchtern lächelt er vom Podium herunter, als er sich das Goldtrikot des Vuelta-Führenden überstreift. Zaghaft winkt er zu der überschaubaren Anzahl an Zuschauern vor der Tribüne. Sparsam nur spendet dieses Publikum Beifall. Es jubelt stärker, als der deutsche Sprinter André Greipel als Träger des Grünen Trikots seinen Blumenstrauß zu den Zuschauern wirft.

Der Jubel für den Nordling von Rennstall Columbia, der bei dieser Spanienrundfahrt schon drei Etappen gewinnen hat können, bedeutet nicht gleich, dass Alejandro Valverde ein Fremder in seinem eigenen Land wäre. Aber ein Star, dem kreischende Mädchen, Trommel schlagende Rundlinge oder wenigstens - wie im Falle Contador - putzig kostümierte Möchtegern-Stierkämpfer nachlaufen, ist er gewiss nicht. Da hilft ihm nicht einmal, dass er diese 64. Ausgabe der Vuelta a España bereits seit neun Tagen anführt und wie der sichere Sieger aussieht.

Allerdings profitierte er bei diesem Unternehmen beträchtlich von dem Pech seiner Konkurrenten. Der nominell härteste Rivale, der Australier Cadel Evans, wurde durch die Schlamperei des neutralen Materialwagens aus Siegreichweite gebracht. Über eine Minute hatte der Australier in der Sierra Nevada warten müssen, weil die neutralen Mechaniker nicht in der Lage waren, einen platten Reifen zu wechseln und sein eigener Servicemann von Silence Lotto eine Minute brauchte, um sich durch den Stau der Begleitfahrzeuge durchzukämpfen. Valverde und Co. haben Fersengeld gegeben, als Evans auf Hilfe gewartet hat. Fairness ist halt eine relative Größe.

Ein anderer Konkurrent, der Italiener Ivan Basso, setzte in den Bergen zwar formidabel sein Liquigas-Team ein und reduzierte beständig den Kreis der Sieganwärter. Der von einer Dopingsperre zurückgekehrte einstige Giro-Sieger verfügt aber nicht mehr über den Punch, mit dem er seine Gegner noch schockieren konnte, als er sich unter dem Tarnnamen "Birillo" vom Dopingarzt Eufemiano Fuentes hat betreuen lassen. Mache sich jeder seinen eigenen Reim darauf. Der Holländer Robert Gesink schließlich, überraschend an Position zwei der Gesamtwertung, ist durch einen Sturz auf der 17. Etappe gehandicapt.

Der Weg zum Goldtrikot ist für Valverde also ziemlich frei. Es ist nicht anzunehmen, dass er ausgerechnet bei der letzten Bergetappe am Freitag (von Avila nach La Granja über 180 km mit drei Bergwertungen der 1. Kategorie) einbricht. Beim Zeitfahren am Samstag in Toledo (27,8 km) ist er seinen direkten Rivalen ohnehin überlegen. Der neue Vuelta-Direktor Xavier Guillen sieht aus eigenem Interesse die Sache aber noch nicht als entscheiden an. "Nein, Alejandro Valverde hat die Rundfahrt noch nicht gewonnen", versucht er die Spannung hochzuhalten. Von seinem Führungsmann ist er begeistert. "Alejandro hat eine tolle Vorstellung abgeliefert", meint er.

Guillen stört auch nicht, dass er sich möglicherweise nur begrenzte Zeit an seinem Goldknaben erfreuen kann. Valverde ist von der Disziplinarkammer des italienischen Sportverbands Coni im Mai dieses Jahres wegen Dopings zu einer zweijährigen Sperre verurteilt worden. Die Italiener halten für bewiesen, dass Valverde Fuentes-Kunde Nr. 18 alias "Valv. Piti" war. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat aber noch nicht über die Beschwerde der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und des Internationalen Radsportverbands entschieden, die ein weltweit gültiges Fahrverbot für Valverde fordern. Bis dato ist Valverde nur bei Rennen in Italien gesperrt. Der gelernte Jurist Guillen hat es sich nicht nehmen lassen, den schwer umstrittenen Athleten bei seinem Rennen starten zu lassen. Er nimmt ihn in Schutz und kritisiert lieber die Kollegen seiner früheren Profession. "Man muss eine Entscheidung über eine Sperre doch rechtzeitig treffen. Uns wäre es viel lieber gewesen, die Sache wäre vor dem Start der Vuelta entschieden. Jetzt müssen wir mit diesem Risiko leben", sagte Guillen der taz.

Valverde selbst ficht das juristische Gerangel nicht an. Bei der Spanienrundfahrt konzentriert er sich ganz auf den sportlichen Aspekt. Weil die Aufarbeitung des Fuentes-Skandals in seinem Land in breiter Front vom Sportminister über die Gerichte bis hin zu den Medien - und dem Sport selbst sowieso - erfolgreich ausgebremst wird, muss er sich nicht einmal mit viel Widerspruch auseinandersetzen. Er ist ein Fisch im spanischen Radsportgewässer.

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