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Archiv-Artikel

Radio Flora: Der Kampf geht weiter

Wer am heutigen Samstag in Hannover das Radio einschaltet und auf UKW die Frequenz 106,5 einstellt, kann, ein leistungsfähiges Gerät vorausgesetzt, um 10 Uhr die Sendung „Buena Onda – Programm auf Spanisch“ hören. Um 11 Uhr folgt ein Programm auf Mandingo und Deutsch, um 13 Uhr kommt „Kulla – Programm auf Albanisch“. Die letzte Sendung beginnt um Mitternacht, ihr Titel: „Pasargad – alternative Musik auf Persisch“.

Das Programm von Radio Flora ist ein radikales Minderheitenprogramm, nicht zuletzt deswegen dürften die Einschaltquoten von Niedersachsens ältestem Bürgerradio im Keller sein. Eine Untersuchung der Emnid-Meinungsforscher im Herbst des vergangenen Jahres ergab, dass Radio Flora mit einer Reichweite von 3,8 Prozent der möglichen Hörer weit abgeschlagen auf dem letzten Platz unter den niedersächsischen Bürgerradios landet.

In den letzten sieben Jahren hat der freie Sender 50 Prozent seiner Hörer verloren, geblieben sind nur noch etwa 2.000 Stammhörer. Die Konsequenz: Die Landesmedienanstalt hat die im Jahr 2009 auslaufenden Lizenzen für 13 Bürgerradios verlängert, das älteste Bürgerradio Niedersachsens, Radio Flora, aber ist nicht dabei. Die Probleme seien seit Jahren bekannt gewesen, teilte die Landesmedienanstalt mit. Radio Flora habe aber „offenbar keine, beziehungsweise nicht die richtigen Schlussfolgerungen gezogen“.

Angesichts solchen Gegenwinds geben sich Macher von Radio Flora selbstkritisch. Man habe bisher „das Prinzip des Einschaltradios verfolgt“, sagt Geschäftsführer Dirk Ihle. „Man schaltet die Sendungen ein, die man hören will, und dann hört man entweder weiter oder schaltet wieder aus.“ Dieses Prinzip sei nicht goutiert worden, die Hörer tickten offenbar anders: „Die schalten ihr Radio an und wollen dann eben versorgt werden.“

„Begleitradio“ heißt das im Funkhausjargon, und darauf will man bei Radio Flora künftig umstellen – zumindest zur Hauptsendezeit zwischen sieben und 17 Uhr. Die „Special-Interest-Sendungen“ sollen nach 17 Uhr kommen, und die muttersprachlichen Programme werden auf die Plätze ab 20 Uhr verbannt, wo die meisten Hörer sich sowieso verabschieden.

„Wir müssen daran arbeiten, dass wir uns ein bisschen professionalisieren“, sagt Geschäftsführer Ihle. Zumindest tagsüber soll das Freiwilligenprinzip gekippt werden, die Moderatoren will man künftig bezahlen. „Wir haben sehr gute Leute, aber manche fallen auch hinten runter“, beschreibt Ihle das Problem.

Die guten Vorsätze hatte Radio Flora der Landesmedienanstalt rechtzeitig mitgeteilt, wo man aber skeptisch blieb. Die angekündigten Programmreformen seien „ein richtiger Ansatz“, es gebe aber „erhebliche Zweifel“, ob diese „in den bestehenden Organisationsstrukturen des Senders“ erfolgreich umgesetzt werden könnten.

Damit war die Selbstverwaltung bei Radio Flora gemeint, doch selbst die scheint dort keine heilige Kuh mehr zu sein. „Wir haben selber gemerkt, dass wir mit dem basisdemokratischen Modell in der Geschwindigkeit langsam sind“, sagt Geschäftsführer Ihle und spricht von einer „Verschlankung“.

Denn auch wenn die Lizenz nicht verlängert worden ist, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Frequenz 106,5 wird demnächst ausgeschrieben, und Radio Flora kann sich wieder bewerben. Bis Dezember ist dazu noch Zeit. DANIEL WIESE