RUHRKOHLE: GEWERKSCHAFT KANN DEN ABWEHRKAMPF NICHT GEWINNEN : Dinosaurier bedroht Rheinanwohner
Für die Menschen am Niederrhein gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, dass die Zeche in Walsum schon Ende 2008 und nicht erst 2012 oder gar 2019 dichtgemacht wird. Die Schlechte: dass sie erst 2008 schließt. Denn jeder Tag, an dem weiter Kohle unter dem Rhein abgebaut wird, erhöht die Angst der Anwohner vor den unkalkulierbaren Risiken. Nein, es ist wirklich kein gutes Gefühl, in einer unterhöhlten Gegend zu leben, in der die Absenkungs- und Überflutungsgefahr mit jedem Gramm abgebauter Kohle weiter steigt.
Trotzdem haben die Grünen allen Grund, sich zu freuen. Denn der jetzt vereinbarte vorzeitige Ausstieg aus dem Walsumer Wahnwitz ist tatsächlich ein großer Erfolg – und er kommt immerhin wesentlich schneller als der Atomausstieg. Aus ökonomischen Gründen hat Rot-Grün eine ökologisch richtige Entscheidung getroffen. Das war nicht zu erwarten, denn nach wie vor ist die Kohlelobby stark – besonders innerhalb der Sozialdemokratie. So gelang den Grünen sogar ein Doppelsieg: gegen den amtierenden Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und auch gegen dessen Vorgänger Wolfgang Müller, den heutigen Vorstandsvorsitzenden der Ruhrkohle AG.
Und die Grünen haben sich auch gegen des Kanzlers Lieblingsgewerkschafter Hubertus Schmoldt durchgesetzt. Es ist schon putzig, wie der Chef der Chemie- und Bergbauarbeiter jetzt die soziale Marktwirtschaft beschwört, um gegen die Vereinbarung über Walsum Sturm zu laufen – denn wenn die deutsche Steinkohlesubventionierung mit irgendetwas rein gar nichts zu tun hat, dann mit Marktwirtschaft. So sind es denn auch nicht die Grünen, die hier, so Schmoldt, einer „ideologisch verbohrten Haltung“ frönen, sondern die Gewerkschaft selbst, für die Ökologie immer noch ein Fremdwort ist und die darüber hinaus unverdrossen einen Abwehrkampf führt, den sie nicht gewinnen kann. Denn die deutsche Steinkohleförderung ist ein Dinosaurier vor dem Aussterben – nicht nur in Walsum. Schmoldt sollte dies endlich ehrlich seinen Mitgliedern sagen, statt weiter falsche Hoffnungen zu wecken. Es ist Schicht im Schacht. PASCAL BEUCKER