RECHTE GRUPPEN IN HOTELS: "Hinweise vom Verfassungsschutz"
Rechte Parteien mieten oft Räume für Veranstaltungen an, ohne sich zu erkennen zu geben, beklagt die Hotelbranche. Doch Hotel- und Restaurantbesitzer könnten sich dagegen wehren.
taz: Herr Lengfelder, was raten Sie Hoteliers oder Restaurantbetreibern, wenn eine rechtsextreme oder rechtspopulistische Partei anklopft und einen Raum mieten will?
Thomas Lengfelder: Wenn das erkenntlich ist, wird der Hotelier oder der Gastronom die Reservierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht annehmen.
Das heißt, meist ist es nicht erkennbar?
René Stadtkewitz' Weg führte am Dienstagabend zuerst in den Polizeiwagen, um geschützt vor lärmenden Gegenprotestlern das weitere Vorgehen zu besprechen. Den ersten Landesparteitag seiner kürzlich gegründeten "Freiheit"-Partei wollte Stadtkewitz begehen - doch der platzte mangels Räumlichkeit (taz berichtete). Erst kündigte ein Charlottenburger Hotel. Dann, wenige Stunden vorm Parteitag, das Ausweichquartier, die GLS-Sprachschule in Prenzlauer Berg.
Stadtkewitz und drei dutzend Anhänger trafen sich dennoch auf dem Bürgersteig vor der Schule, zu einer improvierten Pressekonferenz, umkreist von Gegendemonstranten. "Nazis, Freiheit, CDU - den Rassisten keine Ruh", skandierten die, schlugen auf Töpfe. Die Polizei riegelte mit einem Großaufgebot die Kastanienallee ab. "Was ist los in diesem Land", schimpfte Stadtkewitz. "Wie weit gehen die Linken?" Man werde sich "von diesen Verrückten" nicht einschüchtern lassen.
Am Mittwoch legte Stadtkewitz nach, mit einem "Offenen Brief an die politische Linke". Am Dienstag habe "der Faschismus gewonnen und die Demokratie verloren". Nur wenig unterscheide die Antifa von der Nazi-SA, wenn sie Andersdenkenden Gewalt androhe und ein Klima der Einschüchterung schaffe. Der Parteitag werde nachgeholt.
In Berlin müssen neue Parteien bis Mitte Mai dem Landeswahlausschuss eine Satzung, ein Parteiprogramm, den Nachweis eines satzungsgemäßen Vorstands und einen Wahlantrittsbeschluss vorlegen. Das wollte die rechtspopulistische "Freiheit" am Dienstag beschliessen.
Konrad Litschko
ist seit dem Jahr 2007 Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (dehoga) Berlin. 30 Jahre lang war er in der Hotelbranche tätig, zuletzt leitete er Hotels unter anderem in Berlin und Süddeutschland.
Ich habe selber viele Jahre Hotels geleitet, und leider ist es in den meisten Fällen nicht zu erkennen. Man bekommt eine Buchung über eine Person oder über eine Firma, die einem nicht bekannt ist. Und da der Unternehmer ein Interesse daran hat, dass sein Haus gut ausgelastet ist, schließt er den Vertrag ab. Oft merkt man leider erst viel später, dass es sich dabei um eine Partei oder eine Organisation handelt, mit der man als Hotelier nicht in Verbindung gebracht werden möchte.
Wann kommt das normalerweise raus?
In Fällen, in denen es um rechtsextreme Parteien geht, kommt teilweise ein Hinweis vom Verfassungsschutz oder von der Polizei. Ansonsten gibt sich der Buchende meist kurz vor der Veranstaltung doch noch zu erkennen.
Kann ein Hotelier dann noch absagen?
Wenn er die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen nutzt, geht das. Sonst wird es schwierig.
Was müsste in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen drin stehen?
In der Klausel, die wir für unsere Mitglieder in Zusammenarbeit mit der deutschen Sparte der International Hotel Association entwickelt haben, heißt es, dass der Hotelier in bestimmten Fällen von dem Vertrag zurücktreten kann. Das ist beispielsweise möglich, wenn er begründeten Anlass hat, dass der reibungslose Geschäftsbetrieb, die Sicherheit oder das Ansehen des Hotels in der Öffentlichkeit gefährdet wird.
Mit anderen Worten, wenn er geschäftsschädigendes Verhalten befürchtet.
Genau. Zum Beispiel wenn er befürchten muss, dass die Sicherheit der Mitarbeiter oder Gäste nicht gewährleistet werden kann oder dass es Demonstrationen gibt.
In den vergangenen Tagen gab es eine Diskussion über die rechtspopulistische Partei "Die Freiheit", der letztlich von allen Betreibern abgesagt wurde. Wo zieht man da als Hotelier die Grenze?
Das muss jeder Hotelier selbst entscheiden. In dem aktuellen Fall scheinen die Betreiber, nach dem was über die Partei bekannt ist, die politische Ausrichtung korrekt eingeschätzt zu haben.
Wie häufig waren Sie als Hotelier in der Situation, dass Sie eine Anfrage von entsprechenden Organisationen oder Parteien hatten, die Sie nicht im Haus haben wollten?
Das war zwei- oder dreimal der Fall. Und wir haben die Veranstaltungen konsequent nicht durchgeführt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste