RALF SOTSCHECK ÜBER DIE EU-STEUERDEBATTE : United Steuerhinterzieher
Steuervermeidung – welch niedliches Wort. Wer würde nicht danach streben, seine Abgaben ans Finanzamt zu minimieren? Was die multinationalen Unternehmen jedoch machen, ist Steuerhinterziehung im gigantischen Rahmen. Sie beteuern zwar, dass alles legal sei, aber Informanten haben konkrete Hinweise auf das Gegenteil geliefert.
Die britische Regierung tut so, als ob das Problem so kompliziert sei, dass es nur mittels einer Reform durch die G 8 gelöst werden könne. Warum kann man nicht das derzeitige System anwenden, um die Multis adäquat zur Kasse zu bitten? Ein Arbeiter kann sich seinen Bruttolohn ja nicht auf die Cayman-Inseln überweisen lassen. Google, Amazon und Co. operieren in Großbritannien und nutzen eine Infrastruktur, die aus Steuergeldern, die andere bezahlt haben, finanziert wird.
Der britische Premierminister David Cameron hat versprochen, das Thema auf die Tagesordnung des G-8-Gipfels im Juni in Nordirland zu setzen. Er hat aber auch versprochen, auf seinen Wirtschaftsberaterstab zu hören. Dem gehören Google-Chef Eric Schmidt und der Präsident des Verbands der britischen Industrie, Roger Carr, an. Ein weiteres Problem für Cameron ist die Tatsache, dass Großbritannien ein Fünftel aller Steueroasen weltweit gehört, mehr als jedem anderen Land der Welt. Cameron schrieb in einem Brief an die lokalen Behörden dieser Steueroasen, dass er deren Recht auf niedrige Steuern respektiere, aber er bitte um mehr Transparenz.
Diese Transparenz käme freilich nur den großen Industrienationen zugute. Die Entwicklungsländer kommen bei den offiziellen Diskussionen gar nicht vor. Ihnen werden dreimal so viele Steuergelder im Jahr vorenthalten, wie sie Entwicklungshilfe bekommen. Völlig legal, versteht sich.
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