RAF: Neue Spekulationen im Mordfall Buback
Stasi-Akten belasten Verena Becker. Ein Verwandter gab 1977 an, er wisse von ihrer aktiven Beteiligung am Attentat.
BERLIN taz Im Mordfall Siegfried Buback belasten Stasi-Unterlagen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker. Ein naher Verwandter Beckers berichtete im Mordjahr 1977 einem Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit, er wisse "sicher, dass sie an der Aktion Buback (BRD) aktiv beteiligt war".
Dies geht aus einem Stasi-Vermerk hervor, den der Sender SWR kürzlich entdeckt hatte. In Gesprächen berichtete der Verwandte zudem, Becker sei im Jemen "speziell im Umgang mit Waffen" ausgebildet worden. Der Mann lernte den Stasi-Mitarbeiter, der in der Akte als "zuverlässiger IM" eingestuft wird, 1977 über eine Anzeige kennen.
Mit den Aussagen erhalten die Spekulationen darüber, wer am Attentat auf den Generalbundesanwalt beteiligt war, neue Nahrung. Sie sind ein weiterer Hinweis dafür, dass Becker, gegen die die Ermittlungen 1980 eingestellt wurden, doch in den Mordkomplott verwickelt war.
Bis heute ist vor allem die Frage ungeklärt, wer bei dem Attentat in Karlsruhe Todesschütze war. Die Täter fuhren mit einem Motorrad neben das Fahrzeug des Generalbundesanwalts. Vom Soziussitz wurden mit einer automatischen Waffe die tödlichen Schüsse abgefeuert.
Als unmittelbar Beteiligte wurden die RAF-Terroristen Christian Klar, Knut Folkerts und Günther Sonnenberg verurteilt. Die genauen Tatbeiträge blieben aber offen, weil ihre Rolle bei Planung und Vorbereitung für eine Mittäterschaft ausreichten. Der Stasi-Vermerk ist nur eines von mehreren Indizien, die Verena Becker als Tatbeteiligte belasten. Die heute 54-Jährige war vier Wochen nach dem Buback-Attentat mit der Tatwaffe im Gepäck festgenommen worden. Auch soll ein Haar von ihr in einem bei der Tat benutzten Helm gefunden worden sein. Michael Buback, der Sohn des Opfers, verwies zudem jüngst auf Zeugenaussagen, wonach eine Frau geschossen habe. Keine der Aussagen ist allerdings im Urteil wiedergegeben. Die Stasi-Akten hat Buback jetzt zum Anlass genommen, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) in einem Brief um Aufklärung zu bitten.
Der Mordfall war zuletzt neu aufgerollt worden, nachdem der frühere RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock wiederholt Stefan Wisnieswki als Todesschützen benannt hatte. Die Bundesanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen gegen Wisnieswki ein, der wegen der Schleyer-Entführung durch die RAF von 1978 bis 1999 in Haft gesessen hatte. Im August sollen die Zeugenbefragungen abgeschlossen sein.
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