■ Quoten haben auch ihr Gutes: Politik für bessere Weinqualität
Es ist nicht leicht, die Eingriffe der Europäischen Union gerade in die Weinproduktion und den Weinmarkt zu verteidigen. Zu verworren scheint das Gestrüpp, zu widersprüchlich der unentwegte Fluß neuer Verordnungen. Dennoch: Alles in allem überwiegt der Nutzen, der von einheitlichen Normen für die Herstellung, Abfüllung und den Vertrieb von Wein kommt, die Schäden. Das beginnt schon bei der allerersten Stufe, dem Traubenanbau. Quotierungen für die Endabnahmemengen könnten hier regelrecht umweltschützenden Charakter annehmen. Was wir grundsätzlich nicht beachten, ist der Schaden, der dem Boden und der Landschaft durch den systematischen Traubenanbau entsteht. Denn Weinberge sind Monokulturen, und das verändert die Ackerkrume wie die Umgebung nachhaltig: Ein Großteil der Verkarstung, die Italien in den letzten zweieinhalb Jahrtausenden mitgemacht hat, stammt nachweislich von dem seit dem Altertum üblichen Hang zum Anbau riesiger Oliven- und Weinplantagen. Hier kann Reduktion nur nützen. Doch auch in der Herstellung bietet sich dasselbe Bild. Der ausländische Tourist, der sich gerne den Wein beim „Bauern nebenan“ kauft, kann von Glück sprechen, wenn dieser ihn hereinlegt, indem er ihm statt des angeblich selbstgekelterten einen gekauften von der Fabrik unterschiebt – die Wahrscheinlichkeit, daß er dabei Schädlinge und überzogen viele Chemikalien trinkt, ist so wesentlich geringer. Die Zahl der Krankheitsfälle durch den ach so „unverdorbenen“ eigenen, „genuinen“ Wein ist Legion. Eine breitflächige Qualitätskontrolle nicht nur im Großhandel, sondern auch in vielen Restaurants hätte hier wieder Rückwirkungen auch auf eine einigermaßen beruhigende Endabnahme des Produkts. Eine ganz andere Frage ist natürlich, wer nun welche Quoten herstellen und vertreiben dürfen soll. Im Grunde liegt der Hase nur an dieser Stelle im Pfeffer. Und sicher wird hier der Süden Europas – nicht nur Italien – von den zentralen Staaten sehr oft allzustark benachteiligt. Doch andererseits: Wie sollen die EU-Kommissare auch werten, wenn sie immer wieder feststellen müssen, daß ihnen aus den angeblich geschädigten Ländern neben manch berechtigter Klage auch immer wieder ein Schlitzohr mit mächtig manipulierten Zahlen daherkommt? Sie werden automatisch nur noch die Hälfte glauben – auch dessen, was stimmt. Und so sind Klagen wie härtere Maßnahmen immer gleichermaßen berechtigt und unberechtigt. Antonio Salvestrani
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