: Quod erat demonstrandum
betr.: „Türken lehren Islam in Bayern“, taz vom 11. 4. 01
Das Problem ist offensichtlich: 1. Bayern betrachtet „seine“ Deutschtürken als Fremde und behandelt sie ebenso. Vgl. Max Frischs Andri: Man fordert zwar Integration, behandelt die Leute aber so lange als „Fremde“, „AusländerInnen“ usw., bis sie das verinnerlicht haben und sich abwenden von der deutschen Gesellschaft und in künstlichen Ethnonischen einrichten. [. . .]
2. Was für „Blutsdeutsche“ gerade recht ist – Zusatzqualifikationen für Hinterwäldler-Ösi-LehrerInnen (Vorsicht: Satire!), ist für TürkInnen offenbar nicht billig: Die Qualifikation der IslamlehrerInnen spielt keine Rolle, nicht einmal dass die LehrerInnen eine Loyalität zum deutschen Staat haben sollen, scheint wichtig zu sein – und das trotz der Berufsverbote etc. in den 70ern. Was lernen wir daraus? Der bayerische CSU-Staat denkt wohl in den Schemata der 60er Jahre: Die Gastarbeiter werden sowieso zurückkehren, was brauchen wir die Leute also mit dieser Gesellschaft zu konfrontieren? Im Gegenteil, „Inkulturation“ (nur dass damals noch keiner dieses Wort verwendet hat) ist angesagt, also Anpassung und Orientierung am Lebensstil der vermeintlichen „Heimatländer“. Und wenn sich die Leute dann dementsprechend verhalten, kann man wieder auf den angeblich mangelnden Willen zur Integration schließen: Quod erat demonstrandum. Fazit: Der deutsche Staat produziert sich durch Ausschluss mittels diskriminerenden Einschlusses seine „AusländerInnen“ selbst.
MICHAEL KRAUS, Würzburg
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