■ Querspalte: Revue mit Stock
Die falsche Verwendung von Begriffen und Sprachbildern ist ein zum Himmel schreiendes Kind, das samt der Badewanne längst in den Brunnen geschüttet wurde, wo es noch immer sitzt und wartet, bis es schwarz wird. Seit gestern wurde es noch um eine Spur schwärzer, als der Graf von der Besserverdiener-Partei mit seinem bösen Stock wieder einmal zornig auf die Erde hieb und laut „Revolution“ schrie. Jawoll, Herr Graf, wird gemacht.
Nun kennt man den Grafen Lambsdorff und weiß: Freiwillig gibt der nichts her und seine Wählerklientel schon dreimal nicht. Eher findet ein Kamel mit der Heugabel eine Stecknadel, als daß ein FDP-Mitglied Mitglied der Caritas wird. Insofern war klar: Der meint gar nicht „Revolution“ im Sinne von Umverteilung, der meint was ganz anderes.
Die „Revolution“ der Einkommensverhältnisse, so bedeuten Herr Graf, müsse in den nächsten Jahren starke Einnahmeverluste bei den niederen Einkommensschichten bringen, erst dann ginge es mit der deutschen Wirtschaft wieder aufwärts. Der Mann hat, außer daß er den Revolutionsbegriff völlig falsch verwendet, natürlich vollkommen recht. Wenn alle Arbeiter mehr arbeiten würden und dafür nichts mehr verdienten, ginge es unseren Unternehmern viel, ja sogar sehr viel besser.
Wenn andersherum die Unternehmer in diesem Land etwas mehr unternehmen würden und ihre satten Gewinne den Arbeitern schenkten, dann ginge es den unteren Einkommensschichten viel, ja sogar sehr viel besser. Ja, ja, die Welt ist kompliziert. Da braucht man manchmal so klare Wegweisungen. Bedenklich ist dabei eigentlich nur eines: Wenn das so weitergeht, wird die Zeit kommen, meine Lieben, da wird man die „Revolution“ für einen Parfümnamen halten.
Übrigens: Im kleinen dtv-Lexikon folgt auf „Revolution“ gleich die „Revue“: Bühnendarbietung von lose aneinandergereihten Szenen mit gesprochenen Texten, Gesang und Artistik. Sollte Lambsdorff in der Zeile verrutscht sein? Philipp Maußhardt
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