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■ QuerspalteRilke, RAF und Riesen

Viel los im besten Feuilleton dieser Republik. Die Wellen schlagen hoch in der Tiefdruckbeilage des besten Feuilletons dieser Republik. Köpenickiade. Skandal, Skandal! Zum Schmunzeln ist auch was dabei – fürs Fußvolk in den schlechteren Feuilletons dieses Landes.

Was bisher geschah: Frank Schirrmacher, schwere Kindheit, traurige Jugend. Während sich seine Klassenkameraden in der sozialistisch-utopistischen Klippschule mit Haschrauchen und Teeniesex die Zeit vertrieben, stand Frank Schirrmacher abseits. Las Rilke: „Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen“. Wurde auch oft gehänselt. Wegen seines rundlichen Äußeren. Nie blieb der Flaschenhals beim Flaschendrehen an ihm hängen. Jugendglück blieb ihm versagt. In der Sportstunde lachten die anderen. Verzweiflung drohte. Doch dann kam die RAF und entführte den Halbwüchsigen in den Jemen. Dann Panzerfahrer, großes Glück: Aufstieg, gelingendes Leben, Abenteuer. Aus dem höflichen Panzerfahrer von nebenan wurde der Chef des besten Feuilletons der Welt. Der Anzug macht's. Mit den großen, wilden Schriftstellern dieser Welt ( zum Beispiel Lutz Rathenow) per du. Geachtet bei den Menschen. Jetzt soll alles nichts gewesen sein. Nicht abenteuernder Panzerfahrer, sondern spießiger Streberstudent soll Schirrmacher gewesen sein und sogar eine von 176.000 überflüssigen Doktorarbeiten geschrieben haben.

Und nun fällt ihm auch noch das beste Feuilleton der Welt mit kaum verhüllten Anspielungen in den Rücken. Unter der Überschrift: „Wie man das Akademische als Köder benutzt“, wird der einfache Panzerfahrer als „Wehrübender aus der Werbebranche“ denunziert. Schirrmachers Kollege (Kollege?) Konrad Adam markiert in einem Artikel über Unis und Internet den vorläufigen Höhepunkt: „Wer sich den Menschen auf die Haut setzen kann und alle Versuche, ihn zu verscheuchen oder totzuschlagen, überlebt, der steht am Ende vor sich selbst als Riese da.“ Aber eben nur vor sich selbst. Detlef Kuhlbrodt

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