■ Querspalte: Boycott Bockwurst Muh!
Zwar sind es nicht die Falklands, die es zu befreien gilt, aber britische Rindviecher sind allemal einen gerechten Krieg wert. Bei Thatcher hat es mit der Wiederwahl damals ja auch geklappt. Schon jubelt die britische Presse: „Endlich Krieg!“ Die Sun hat wie die Zeitungen im Zweiten Weltkrieg einen 20-Punkte-Plan aufgestellt, mit dem die Bevölkerung den Rinderwahnsinnsrachefeldzug ihrer Regierung unterstützen kann. Regel Nummer eins lautet: „Lernt die besten Churchill- Sprüche auswendig.“ Wenn ein deutscher Tourist in die Nähe kommt, schleudere man ihm entgegen: „We shall fight them on the beaches!“ Und jede englische Kneipe muß für deutsche Touris eine Videoaufzeichnung des Fußballendspiels 1966 bereithalten.
Die Achsenmächte, die auf deutscher Seite im Rinderkrieg kämpfen, kommen nicht ungeschoren davon: Portwein, Tulpen, Sangria, Mozartkugeln und Luxemburger Banken sind tabu, befiehlt die Sun. Doch die Hauptstoßrichtung geht gegen die Deutschen: Statt Bockwurst oder Bratwurst gehöre ein britischer „Banger“ – ein als Würstchen getarntes Kondom voller Sägespäne – in den Hot dog. Deutsche Fahnen sollen verbrannt werden, die Asche sende man an Helmut Kohl. Und als Wichsvorlage nehme man die Queen: Deutsche Pornos – „die widerlichsten der Welt“ – sind zu boykottieren. Deutsche Autos bleiben zugunsten britischer auf Halde. Da werden die Engländer zu Fuß gehen müssen: Ihre Autofabriken haben sie an deutsche, japanische und US-amerikanische Firmen verkauft.
Im Londoner Eastend wurde vorgestern der Kuh-Klux-Klan gegründet. Für jedes britisches Rind, das im Verbrennungsofen landet, sollen fünfzehn deutsche Gummibärchen füsiliert werden. TouristInnen aus Kuhfstein sind zur Zeit besonders gefährdet, Kuhckucksuhren gelten in England als Provokation. Gestern wäre der Mob fast einem deutschen Touristen an den Kragen gegangen: Er hatte sich vor einen verdunkelten Metzgerladen aufgebaut und wehrkraftzersetzend gerufen: „Muh!“ Ralf Sotscheck
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