■ Querspalte: Der Forschungs- Pirat
Wie hieß noch gleich das Schiff von Jacques Cousteau? Mit dieser eher beiläufigen Frage fing alles an. Niemand, der sich nicht an den französischen Meeresbiologen mit dem wettergegerbten Gesicht und der kleinen roten Wollmütze auf dem grauen Haar erinnerte – allein, den Namen seines Schiffes vermochte mir niemand zu sagen. Ein halbes Jahr lag mir das Schiff auf der Zunge, lange nach Sendeschluß lag ich grübelnd im Bett. Irgendwann fing ich an, wildfremde Menschen nach dem Namen des Schiffes zu fragen und sie in zwei Gruppen einzuteilen: Jene, die so aussahen, als hätten sie zumindest ein rudimentäres Interesse an den Weltmeeren, und jene, bei denen mir ein Nachfragen sinnlos erschien. Die Erlösung kam unverhofft und mitten in der Nacht, am Tresen einer abenteuerlichen Kneipe. „Calypso“, sagte der mit dickem Wollpulli und wilden Tattoos angetane Wirt. Was zweifellos richtig war.
So wie die „Calypso“ hinter ihren leicht verwitterten Planken ein ganzes Arsenal hochmoderner nautischer Gerätschaften durch die Gischt trug, so verbarg sich hinter dem Vogelgesicht ihres Steuermanns eine geniale Mischung aus Jules Verne, Käpt'n Iglu und Horst Stern. Wäre es nur um das Floß von Thor Heyerdahl gegangen, hätte ich mir mein Hirn wohl kaum zermartert – aber für einen, der an einer Wissenschaft des Glücks (der „Bouharologie“) arbeitete und es schon in den 60ern für machbar hielt, den Menschen durch chirurgische Eingriffe zum Wasseratmer umzumodeln, strapaziert man sein Erinnerungsvermögen nur allzu gern.
Dieser Tage erhalten wir Nachricht, daß der große Forschungspirat in eine Pariser Klinik eingeliefert wurde – die „Calypso“ hatte er schon vor einiger Zeit verlassen. Auch wenn seine Familie mitteilt, er sei wohlauf, wollen wir Cousteau zu Ehren einige Schweigeminuten lang den Fernseher ausschalten, in dem sich inzwischen so viele berufen fühlen, uns die Welt, ja selbst die der Meere zu erklären. Sogar dieser Dingsbums – wie heißt er noch gleich? Ach ja. Fritz Egner. Oliver Gehrs
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