piwik no script img

■ QuerspalteGerede von der Region

Energie Cottbus darf weder den DFB- Pokal gewinnen noch aufsteigen, Hansa Lichtenhagen muß raus aus der Bundesliga, und Borussia Dortmund und Schalke 04 sollten unbedingt ihre Europacup- Endspiele verlieren. Folgt man der gebetsmühlenartig verbreiteten Logik von Sportjournalisten und anderen Figuren aus dem Betrieb, wäre in den „Regionen“, in denen diese Vereine ansässig sind, dann endlich mal was los: In Brandenburg besetzten verzweifelte Werktätige alle Betriebe, in Mecklenburg-Vorpommern stürmten die Arbeitslosen Rathäuser, und die RAF (Ruhrpott Armee Fraktion) würde Helmut Kohl entführen.

Wann immer in den letzten Wochen von besagten Clubs die Rede war: Der Begriff „Region“, gern auch verbunden mit den Adjektiven „geschunden“ oder „gebeutelt“, fiel beinahe so oft wie „Tor“.

„Unheimlich wichtig für die Region“ seien ihre Erfolge, obwohl zum Beispiel die von Energie Cottbus die Zukunftsperspektive eines örtlichen Arbeitslosen genauso stark beeinflussen wie die Windverhältnisse in Ostfriesland. Das Gerede von der Region – wenn es um Clubs aus der Ex-DDR geht, wird sogar zuweilen ein Bezug zwischen deren Leistungen und der „Befindlichkeit“ aller Ostdeutschen hergestellt – ist noch nicht lange en vogue. Am massivsten war es bisher zu hören, als der 1. FC Kaiserslautern abstieg, wodurch der Lebensstandard in der Pfalz bekanntlich auf Dritte-Welt-Niveau sank.

Je deutlicher wird, daß Fußball ein kulturindustrielles Produkt ist, desto offensiver wird mit folkloristischem Firlefanz dafür geworben. Jeder Existenzminimumler sollte sich dadurch beleidigt fühlen, daß man ihm einzureden versucht, es gehe ihm besser, wenn es irgendeinem Fußballverein gut geht. Sollten die Regions-Fanatiker weiter wüten, bleibt uns nichts anderes übrig, als mit Teams zu sympathisieren, die garantiert keine Phantasien über Bezüge zu irgendeiner Region stimulieren. Ich fordere hiermit schon einmal vorsorglich den sofortigen Wiederaufstieg des KFC Uerdingen! René Martens

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen