■ Querspalte: Nichts als Müll
Nichts anderes haben wir erwartet, daß nämlich die Freiburger auch beim Müllsortieren Spitze sind. Vorbildlich beteiligen sie sich am deutschen Verpackungsmüll-Sortierwunder, sammeln eifrig seit Jahren Joghurtbecher, Milchtüten und Shampooflaschen in grünen Wertstofftonnen mit gelbem Deckel. Doch damit ist es jetzt vorbei.
Zu viele schwarze Schafe mißbrauchten die praktischen Tonnen schändlich: unnütze Hochzeitsgeschenke, Heckenabschnitt, Motorenöldosen, Farbeimer und verbogene Dreiräder ließen sich vortrefflich unter Milchtüten in den stabilen Behältern verstecken. Sogar Motorblöcke wurden gefunden. 3,5 Millionen Mark mußte die Stadtentsorgung 1996 aufwenden, um die falschen „Wertstoffe“ auszusortieren und ihrer korrekten Bestimmung zuzuführen. Anfang April zogen nun Arbeitstrupps durch die Straßen und sammelten die Tonnen ein. Damit keine andere Kommune in Versuchung kommt, die Zuverlässigkeit ihrer Bürger beim Müllsortieren auf die Probe zu stellen, schlugen sie den Tonnen kurzerhand die Räder ab. Nun kann man sie stapeln, allerdings nicht mehr benutzen.
Wie andernorts auch müssen die Bürger ihren Verpackungsmüll jetzt in gelben Säcken sammeln. Ihre durchsichtige Haut entlarvt Müllsünder sofort, und ein alter Kinderroller paßt erst gar nicht hinein. Aber ach! Grüner Trauerflor hängt nun über der Stadt. Zahlreiche Leserbriefe sind voll des Jammers über den Verlust der geliebten Tonne. Andere sehen am Abholtag das Stadtbild aufs schlimmste beschmutzt oder schütten Schimpf und Schande über die konzeptlosen Müllplaner, die Schuld am Abstieg Freiburgs aus dem deutschen Öko-Olymp sind.
Und die Tonnen, wo sind sie geblieben? Kurze Zeit gerieten sie als braun umzudeckelnde Biomüllbehälter in die Diskussion. Jetzt hofft man auf einen osteuropäischen Tonnenhändler. Vorerst sind sie zu Tausenden als gelbgrüner Plastikberg auf dem Freiburger Flugplatz zwischengelagert. So werden sie wohl selbst zu Müll. Silvia Faller
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