■ Querspalte: Die Allianz rockt
Dialog ist immer gut, erst recht der „mit der Jugend“. Nicht nur Parteien, Sekten und die anderen üblichen Verdächtigen, die es auf die Seele und das Taschengeld der demnächst Erwachsenen abgesehen haben, machen mit, auch „der führende deutsche Versicherer“, die Allianz, hat sich „den Dialog“ mit seiner wichtigsten Zielgruppe auf die Fahne geschrieben.
Die Aktion läuft unter dem Titel „Zukunft jetzt“, und in deren Rahmen gibt es zum Beispiel „Zukunftskapital“ und „Zukunftspraktika“ zu gewinnen. Kernstück der Kampagne ist aber eine CD mit dem Titel „Rock'n'Future“, für die der Zukunftskonzern das Jugendidol Peter Maffay als Werbetrommler und Mitmusikanten verpflichtet hat.
Jungen und Mädchen, die beim Dialog mitmachen wollen, haben es kinderleicht. In allen Wolkenkratzern, Plattenbauten und ausrangierten Scheunen, auf denen Allianz draufsteht, liegen die CDs derzeit herum, satte 100.000 insgesamt. Kosten tun sie natürlich nichts, weil der Zukunftskonzern weiß, daß die Jugend nichts bezahlen mag fürs Dialogmachen.
Neben dem Werbetrommler, hier gepriesen als „Deutschlands Rock-Star Nr. 1“, sowie einigen semi- bis dreiviertelprominenten Zombies dürfen auch ein paar Instrumentenbesitzer, die sich von Allianz und Allianz-Model Maffay als „Nachwuchsmusiker“ bezeichnen lassen, etwas zum Dialog beitragen. Sämtliche Stücke auf „Rock'n'Future“ sind aber so militant brav, daß wohl nicht einmal die transusigste Kirchengemeindekellerbesatzung jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs die CD als Beschallung für eine Postabendmahlparty akzeptieren würde. Somit bleibt unklar, wem sich mit Hilfe dieser Platte eine Versicherung andrehen läßt. Nur die Songtitel machen etwas her: „Freiheit, die ich meine“, „Welcome to the future“, „Boat on the river“ (wer Boot fährt, muß Allianz-versichert sein) und „Heaven“ (kommt man hin, wenn man Allianz-versichert ist). Am besten kommt allerdings: „Daß was man draus macht.“ René Martens
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