■ Querspalte: Ja, wir sammeln Daten!
Neugier ist eine Tugend. In manchen Berufen und Lebenslagen ist die süße Sucht sogar unabkömmlich. Nun ist Thomas Giesen allerdings weder Detektiv noch Journalist, geschweige denn Schwiegermutter. Der Beamte ist Datenschützer. Sogar ein ziemlich hoher, nämlich der oberste Datenschutzbeauftragte des Freistaats Sachsen. Ein Berufsstand, der sich mit der massenhaften Sammlung und Speicherung von vielen, vielen Informationen über die Bürger eigentlich eher schwertut. Datenschützer Giesen sieht seinen Job allerdings anders: „Unser Berufsbild ist durch Leute, die immer nur dagegen sind, versaut worden.“ Unlängst waren die Kollegen aus den Bundesländern jenseits von Sachsen wieder gegen etwas, nämlich gegen den Uraltvorschlag eines bundesweiten elektronischen Registers für Sozialhilfeempfänger.
Immer nur verhindern, das ist nichts für Männer wie Thomas Giesen. So ließ der Staatsdiener mit CDU-Parteibuch per Presseerklärung die Republik wissen: Ich bin dafür! In „Bonn, Berlin oder Wiesbaden“ (oder in Dresden?) soll per Mausklick auf einem Bildschirm stehen, wer in Castrop-Rauxel Kohlengeld bezieht und in Finsterwalde Mietzuschuß beantragt. Keiner soll mehr doppelt Stütze holen können, will der Unions-Christ, und kämpft gegen die „Mentalität, anonyme Finanztöpfe zu schädigen“. Auch „persönliche Kontrolle vor Ort über Schwarzarbeit, Gesundheitszustand, Lebensgemeinschaften, Vermögen und andere Parameter“ mag Giesen durchführen.
Was gehen den Beamten im Freistaat Sachsen fremder Leute Parameter an? Welche Big-Brother-Phantasie quält den verfassungsmäßigen Hüter von Privatsphäre und Geheimnisschutz sieben Jahre nach der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit? Es gehe nicht um die „Millionen Mark“, die der Staat per Zentralregister sparen könne. Auch prinzipielles Mißtrauen gegen Bezieher von Sozialleistungen hege er nicht, meint Giesen, aber „ich schreibe mir doch auch privat auf, wem ich ein Buch leihe“. Robin Alexander
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