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■ QuerspalteMönche in Not

Die Kultur der griechisch-orthodoxen Mönche auf dem heiligen Berg Athos im Norden Griechenlands ist akut bedroht. Kein weiblicher Fuß hat das heilige Gelände seit Gründung der halbautonomen Republik vor 900 Jahren auch nur mit der äußersten Spitze des Zehennagels zu streifen gewagt. Um jeden Anflug männlicher Verwirrung beim Anblick einer weiblichen Hinteransicht zu vermeiden, wird darüber hinaus keine Ziege, kein Mutterschaf, keine Gans auf der Halbinsel im Norden Griechenlands geduldet. Nur der Status weiblicher Kellerasseln und Bienen blieb ungeklärt. Nun droht eine Masseninvasion dieser unheimlichen Röcke, dieser schwabbelnden Busen, dieser grellbemalten Gesichter!

Mit Geflügel hat alles angefangen, wird nun der Klostervorsteher heimlich grollen. Denn irgendwann wurde das heilige Prinzip durchbrochen, durften dann doch leibhaftige Hennen in der Aura heiliger Virilität herumscharren. Eier! Eier! Die waren der Anfang vom Ende. Die Hennen waren der Türöffner, der Präzedenzfall.

Nun hat sich die Schlinge um den Hals der ebenso tapferen wie bedauernswerten Verteidiger der Männerrepublik Athos gelegt – in Gestalt eines gewaltigen Paragraphen. Das Zutrittsverbot für weibliche Lebewesen, so dröhnt es plötzlich durch die Säle und Flure der Europäischen Union in Brüssel, verstoße nach den Maastricher Verträgen gegen EU-Recht, gegen die Freizügigkeit für alle EU-BürgerInnen. Also weg damit!

Vergeblich versuchte der griechische Außenminister dem Männerbund beizuspringen, eine Ausnahmeregelung für seine gebeutelten Mannen zu erkämpfen. „Nein!“ ertönte es donnernd aus den Weiberrepubliken Schweden und Finnland, „nirgends! Niemals!“ Wenn nicht bald ein Wunder geschieht, wird also der heilige Berg Athos mit Mann und Henne in den sinistren Strudeln der Geschichte versinken. Ute Scheub

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