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■ QuerspalteDie kranken Lieblinge

In der letzten Woche wurde Helmut Markwort einmal von markerschütternden Geräuschen geweckt. Der Lärm kam aus dem Pool, in dem Stefan und Rudi leben, Markworts Nilpferde, die der Focus-Guru liebevoll nach zwei Protagonisten einer konkurrierenden Hamburger Montagsillustrierten benannt hatte. So schnell wie noch nie rannte der Journalist aus seinem Schloß Richtung Pool, wo er Stefan und Rudi jaulend und würgend antraf. Sie waren gerade dabei, ihren gesamten Mageninhalt im Wasser zu verbreiten. „O Gott“, sagte Markwort, „der Frutti-di-mare-Salat, den wir drei gestern abend gegessen haben, ist euch offensichtlich nicht bekommen.“

Sogleich machte der erfahrene Pilot seinen Privatjet mit integriertem Nilpferd-Pool startklar. Sein Ziel war Hannover, genauer gesagt: eine Klinik der Tierärztlichen Hochschule (TiHo). Die Ärztin der Nachtschicht, eine muntere Frau mit blonden Augen und blonden Haaren, machte den unglücklichen Markwort dort endlich wieder Mut: „Keine Angst, Herr Augstein, wir kriegen ihre Nilpferde schon wieder hin. Wir geben ihnen Medikamente gegen Erbrechen und setzen sie auf Reisdiät.“

Trotz der Namensverwechslung flog Markwort sichtlich beeindruckt von dem ganzen Laden zurück nach München, und am nächsten Morgen bestellte er als erstes Berni Borgeest, seinen Mann für die ganz schweren Fälle, in sein Büro: „Berni, du mußt nach Hannover fliegen und eine Reportage über die TiHo machen. Ich will alles lesen über die Station für psychisch kranke Papageien, den Schwangerschaftsabbruch bei Katzen und die mit Desinfektionsmitteln getränkte Fußmatte aus Schaumstoff in der Isolierstation. Unsere Leser wollen wissen, wie die Inzuchtschäden ihrer Retriever und die Hornhautgeschwüre ihrer West Highland White Terrier behandelt werden. Dann packst du noch ein bißchen Philosophie rein – du weißt schon, Grenze zwischen Leben und Tod, Euthanasie, die ganze Scheiße. Dein Flug geht in einer Stunde, morgen früh will ich die Story haben.“ Und so erschien schon gestern in Focus die Reportage „High-Tech für den kranken Liebling.“ René Martens

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