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■ QuerspalteBlockwarte gegen Fernsehen

Die afghanischen Taliban sind immer wieder für eine Überraschung gut. Frauen müssen in ihren vier Wänden bleiben und Männer eine ansehnliche Gesichtsmatratze sowie einen Turban spazieren tragen – das wußten wir bereits. Jetzt verbietet die Regierung, gern mit dem vergleichsweise niedlichen Attribut „fundamentalistisch“ versehen, ihren Untertanen das Fernsehen. Begründung: Es rufe „Geisteskrankheiten“ hervor. Ach, so ist das also! Und wir dachten doch immer, nicht Fernsehen mache geisteskrank, sondern die Geisteskranken machten Fernsehen.

Rund zwei Wochen haben die Menschen in Afghanistan Zeit, ihre TV-Geräte, ihre Videorecorder und ihre Satellitenschüsseln loszuwerden. Die Regierung empfiehlt, das Zeug in Pakistan zu verkaufen. Freundlicherweise will Maulvi Qalamuddin, der Vizeminister der Abteilung zur Verhinderung von Laster und Förderung der Tugend, keine Fernseher-Fahndungstrupps in Marsch setzen. Seine Behörde verläßt sich auf ihre gottesfürchtigen Blockwarte. In Qalamuddins Worten: „Auf genaue Informationen von Nachbarn und Verwandten.“

Leider ist nicht bekannt, welche Sendungen im einzelnen die koranfesten Glaubenskrieger zu ihrer Entscheidung verleitet haben, denn das Sehverhalten der afghanischen Couch potatoes ist noch weitgehend unerforscht. Nicht einmal die Propaganda-Abteilungen von MTV und CNN scheinen Genaues zu wissen.

Man fragt sich jetzt natürlich, was mit jenen passiert, die ihre Kiste behalten wollen. Werden ihnen die Köpfe kahlgeschoren, oder werden sie öffentlich ausgepeitscht? Beides widerfährt regelmäßig afghanischen Männern, die sich nach einer ausführlichen Kinn- und Backenbartrasur erwischen lassen. Aber wir sollten auch die positiven Aspekte sehen. Der Zeitpunkt der Verbotsankündigung ist immerhin geschickt gewählt: Die Fußball-Weltmeisterschaft konnten die Afghanen noch ungestört verfolgen. René Martens

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